Call of Cthulhu

"Das ist nicht tot, was ewig liegt, bis dass die Zeit den Tod besiegt."


Cthulhu ist ein Rollenspiel, welches auf den Horrorgeschichten von Howard Philips Lovecraft (1890-1937) basiert. Lovecraft war einer der Eckpfeiler amerikanischer Horrorliteratur, und ganz besonders seine Schöpfung des Cthulhu-Mythos, die von seinen Freunden und Mitautoren aufgegriffen und weitergesponnen wurde, hat das Horror-Genre bis heute mitgeprägt. In diesem Mythos geht es um die "Großen Alten", titanische und zumeist böse Wesen, die von den Sternen kamen und mit Kräften weit jenseits der menschlichen Vorstellungskraft ausgestattet sind. Namensgeber des Mythos ist der gigantische Cthulhu, der seit Äonen in der untergegangenen Stadt R'lyeh am Grunde des Pazifiks im Todesschlaf liegt. Jedoch wird in dem fiktiven Buch "Necronomicon" u.a. mit obenstehendem Satz die Zeit seines Wiedererwachens prophezeit, was den Untergang der gesamten Menschheit zur Folge hätte. Neben Cthulhu tummelt sich ein Pantheon an monströsen und absonderlichen Kreaturen, Wesen und Göttern in der Welt des Mythos, die alle mehr oder weniger danach trachten, die Erde und die Menschheit unter ihre Kontrolle zu bringen oder der Vernichtung zuzuführen. Dabei bedienen sie sich teilweise bereitwilliger, machthungriger, aber auch unschuldig naiver oder unvorsichtiger Menschen, die sie in ihren Bann ziehen und wie Schachfiguren benutzen. Gleichwohl kann es auch geschehen, daß Menschen über Hinweise auf Existenz oder Machenschaften dieser Wesen stolpern, welche die Größenordnung dieser Bedrohung erkennen und versuchen, dagegen vorzugehen. Dies sind die Spielercharaktere im Cthulhu-Rollenspiel.


Zu den Regelwerken:

Seit 1981 von Chaosium inc. das erste "Call of Cthulhu"-Rollenspiel herausgebracht wurde, hat sich viel getan. Das englische Regelwerk hat seit 2004 mittlerweile die 6. Auflage erreicht. In Deutschland gibt es da Cthulhu-Rollenspiel seit 1986, und es machte eine Wanderschaft über mehrere Verlage durch, bis es 2003 bei Pegasus landete, die den Büchern ein sehr schönes, stimmungsvolles Layout verpassten und auch inhaltlich einige Anpassungen gegenüber dem amerikanischen Original vornahmen. 2006 erschien dann die 2. Auflage des Spieler- und Spielleiterhandbuchs, und es gibt mittlerweile eine ordentliche Sammlung von Quellen- und Abenteuerbüchern, sowohl von Pegasus, als auch älteres Material anderer Verlage in Form von Restposten.


Zum Spielhintergrund:

Der Großteil der Quellenbücher und der veröffentlichten Abenteuer spielt in unserer - um die Elemente des Mythos erweiterten - Welt im Zeitraum 1920-1935. Diese Zeit entspricht sowohl der Schaffensperiode Lovecrafts, wie auch dem Setting seiner ursprünglichen Geschichten. Daneben wurden in diversen Publikationen weitere interessante Settings eingeführt, so zum Beispiel das finstere Mittelalter (1.000 A.D.), die viktorianische Zeit um ca. 1890 (Cthulhu by Gaslight) oder auch die Jetztzeit (Cthulhu Now). Für diese vier Hauptepochen des Spiels gibt es auch aufwendig gestaltete Charakterbögen zum Download. Davon abgesehen, kann ein findiger Spielleiter mit ein wenig Recherchearbeit und Liebe zum Detail praktisch jede Zeitepoche der Weltgeschichte aufbereiten und zum Schauplatz der Intrigen und Machenschaften der Großen Alten umfunktionieren.
Was die 1920er als Setting hauptsächlich auszeichnet, ist sowohl die Andersartigkeit gegenüber heute, das andere Lebensgefühl und die Aufbruchsstimmung (und auch Untergangsstimmung durch Inflation und Börsenkrach). Zudem waren damals noch nicht alle Winkel der Erde erforscht, und es war ein Jahrzehnt der Entdeckungen (man denke nur an das Grab des Tut-Ench-Amun), des organisierten Verbrechens (Prohibition in Amerika, Al Capone) und des Wirtschaftsbooms (z.B. Autos vom Fließband, Radios, Telefon etc.). Es gab schon Technik, aber die funktionierte alles andere als stabil und verlässlich.


Zu den Spielercharakteren:

Zu den "klassischen" Spielercharakteren im Cthulhu-Rollenspiel gehören Detektive, Professoren, Bibliothekare, Forscher und Ärzte. Diese sind von Natur aus neugierig und befassen sich mit Dingen, die sie am ehesten in Situationen bringen, wo sie dann auf die Spur des Mythos stoßen können. Auch die Charaktere in den Cthulhu-Geschichten entsprechen meistens diesem Personenkreis. Im Rollenspiel hat man da eine ungleich größere Auswahl an möglichen Berufen, und diese Auswahl variiert je nach Zeitepoche beträchtlich. Auch das Geschlecht spielt mitunter eine nicht zu unterschätzende Rolle; so wären im Mittelalter die einzig sinnvoll zu spielenden Frauen, die auch halbwegs selbstständig agieren konnten, Nonnen in einem Kloster. Und auch in den anderen historischen Szenarien sollte man sich weitestgehend an der historischen Realität orientieren, denn das Cthulhu-Rollenspiel lebt ja gerade von der engen Einbindung des Geschehens in die tatsächliche irdische Geschichte.


Zu den Regeln:

Auf den ersten Blick mag das Charakterblatt von Cthulhu sehr verwirrend und kompliziert aussehen, aber wenn man sich einmal damit befasst hat, stellt man fest, daß es relativ einfach gehalten ist. Die körperlichen und geistigen Grundattribute werden einmalig bei der Charaktererschaffung ausgewürfelt und verändern sich danach praktisch nicht mehr. Einige Charakteristika werden hiervon abgeleitet, aber auch diese verändern sich größtenteils recht wenig im Laufe des Spiels.
Eine Ausnahme bilden die drei Werte Trefferpunkte, Magiepunkte und Geistige Stabilität, die nicht nur als Wert, sondern in Form eines Zahlenrasters dargestellt werden, auf welchem der jeweils aktuelle und der maximale Wert eingetragen werden. Trefferpunkte zeigen dabei den momentanen Gesundheitszustand an und nehmen ab, wenn man Schaden erleidet. Da man nicht sonderlich viele Trefferpunkte hat, der Schaden von Waffen, Zaubern oder Kreaturen aber durchaus hoch sein kann, ergibt sich daraus, daß Cthulhu ein recht tödliches System sein kann, wenn Charaktere allzu unachtsam mit ihrem Leben umgehen. Auch mit Magiepunkten sind die Spielercharaktere nicht gerade üppig ausgestattet, und zuviel Beschäftigung mit Zaubern und dergleichen kann auch noch andere Folgen nach sich ziehen. Der wichtigste und zentrale Wert ist die Geistige Stabilität, die auf die Probe gestellt wird, wann immer der Charakter auf Elemente des Mythos stößt. Sollte diese Probe misslingen, nimmt die Geistige Stabilität rapide ab, was dann unter anderem Geisteskrankheiten, Phobien, Wahnvorstellungen bis hin zum Wahnsinn nach sich ziehen kann. Auch regeneriert sich dieser Wert nicht von alleine wieder.
Daneben gibt es noch eine Liste von Fertigkeiten, auf die bei Erschaffung Prozentpunkte verteilt werden können. Einige Fertigkeiten besitzen dabei bereits eine durchschnittliche Grundchance, andere müssen gesteigert werden, damit sie überhaupt effektiv eingesetzt werden können. Auch an diesen Werten verändert sich später während des Spiels recht wenig, außer man würfelt extrem gut oder stellt sich in anderer Weise extrem geschickt mit der Fertigkeit an.
Für Proben werden dementsprechend auch ausschließlich W100 bzw. W% benutzt, lediglich für die Charaktererschaffung und Schadensermittlung sind andere Würfelarten (W3, W4, W6, W8) vonnöten. Somit ist das Regelgerüst recht einfach und eingängig und steht dem Spielfluss und der Atmosphäre nicht im Weg, was besonders bei Cthulhu das absolut Wichtigste im Spiel ist.


Zum Spielleiter:

Während sich Cthulhu dank der einfachen Regeln und schnellen Charaktererschaffung auch für Anfänger unter den Spielern durchaus eignet, so stellt Cthulhu an den Spielleiter extrem hohe Anforderungen. Zum einen muß er die Abwicklung der Regelmechanismen beherrschen, was noch das Einfachste an der ganzen Sache ist. Dann sollten die Geschichten und die Hintergründe auch entsprechend recherchiert sein, sofern man nicht gerade eines der sehr schön gestalteten Kaufabenteuer zur Hand nimmt, die vor Handouts und historischen Photos geradezu bersten. Das Allerwichtigste aber, das ein Cthulhu-Spielleiter beherrschen muß, ist die Erzeugung einer unheimlichen Atmophäre am Spieltisch. Wenn die Runde dauernd Outtime-Gespräche führt oder sich lachend am Boden krümmt, hat der Spielleiter etwas falsch gemacht. Ein guter Cthulhu-Spielleiter muß mit wenigen Worten eine Gänsehaut-Atmosphäre hervorrufen und diese auch während des Spiels halten können. Daß die Wahl einer geeigneten Location das Ganze positiv unterstützen kann, soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, aber nichtsdestotrotz steht und fällt jede Cthulhu-Runde mit ihrem Spielleiter.

Fazit:

Mich haben die Cthulhu-Geschichten begeistert, und die beklemmende Atmophäre einer genialen Cthulhu-Spielrunde ist einfach unvergleichlich. Das Cthulhu-Rollenspiel lässt einen in die Urängste der Menschheit abtauchen und verspricht viele spannende Stunden für Liebhaber des gepflegten Horrors.

Kurzübersicht: Cthulhu - Das Rollenspiel

Genre: Horror

Spielt in: unserer Welt, in diversen Zeitepochen, v.a. 1920er.

Verlag:Englisch: Chaosium inc., Deutsch aktuell: Pegasus Press (seit 1999, 2. Ed. seit 2006), seit 1986 bei diversen Verlagen (Hobby Products, Laurin, Ars Ludi, Phantastische Spiele GbR etc.)

Erscheinungsjahr: 1981 (1. Ed Englisch), 1986 (Dt. von Hobby Products), 1990 (Dt. von Laurin), 1999 (1. Ed. von Pegasus), 2006 (2. Ed. von Pegasus), 2014 (7. Ed. Englisch), 2015 (7. Ed. Deutsch)

Erhältlichkeit: Aktuell sind auf Englisch die Bücher der 7. Edition erhältlich, auf Deutsch die mittlerweile angepasst als 7. Edition betitelten Übersetzungen, sowie diverse Hintergrundbücher und Boxen ebenfalls von Pegasus. Daneben kann möglicherweise eine Fülle älteren Materials antiquarisch oder als Restposten aufgespürt werden.

Weitere Medien: Neben den Originalgeschichten von H.P. Lovecraft haben Dutzende Autoren ihre eigenen Werke zum Cthulhu-Mythos beigesteuert, deren Aufzählung Bände füllen würde. Es gibt mehrere Verfilmungsversuche und auch Brett-/Gesellschaftsspiele zu Cthulhu (z.B. Arkham Horror von Chaosium, 1987), sowie einige Computerspiele (z.B. Call of Cthulhu - Dark Corners of the Earth, PC, 2006). Daneben tauchen verschiedene Aspekte des Cthulhu-Mythos auch in vielen weiteren Büchern, Filmen und Spielen auf, teils als Gag oder als Anspielung.