Das Schwarze Auge

(3. Edition)


Das Schwarze Auge (kurz: DSA) ist eines der ältesten deutschen Rollenspiele überhaupt. Im Jahre 1983 von Ulrich Kiesow erdacht, besaß es in der ersten Auflage sehr primitive Regeln, welche erst nach und nach erweitert und verfeinert wurden, so daß die 2. Edition von 1988 und die 3. Edition von 1993 zwar weiterentwickelt, aber dennoch kompatibel zum Originalspiel waren. Mit der 4. Edition von 2002 und ohne den mittlerweile verstorbenen Erfinder von DSA ging man dann andere Wege und schuf ein neues, nicht mehr kompatibles Regelwerk, welches - meiner Meinung nach - einfach nicht mehr dasselbe DSA ist. Soviel zur Geschichte.

Das Rollenspiel DSA spielt vor dem Hintergrund der Fantasywelt Dere und speziell dort dem Kontinent Aventurien. Dieser ist aufgeteilt in verschiedene Herrschaftsgebiete mit verschiedenen Feudalstrukturen und auch Landschaftsformen und Mentalitäten. Im kaiserlich regierten Mittelreich herrscht eine eher spätmittelalterliche Machtstruktur, im Lieblichen Feld eine renaissance-artige Gesellschaft, wie man sie aus Musketierfilmen kennt. Im Norden nennen die Orks einen Landstrich ihr Eigen, es gibt uralte Elfenwälder und das Bornland, welches an Rußland zur Zarenzeit angelehnt ist. Im Süden gibt es eine große Sandwüste mit Reitervölkern, die an die Sahara erinnern, daneben orientalisch angehauchte Gebiete, im Osten eine Insel, die dem alten Japan nachempfunden ist, und im Süden schließlich dichte Regenwälder, deren dunkelhäutige Bewohner recht primitiv leben und von den hellhäutigen Südländern mit Vorliebe in die Sklaverei verschleppt werden. Zu fast jeder dieser Regionen existiert mittlerweile eine eigene Box mit Beschreibungen der Bewohner, Fauna, Flora, sowie der Städte - detaillierte und schön gestaltete (Farb-)Karten liegen bei.

Spielen kann man, neben einigen Zwergen- und Elfencharakteren, hauptsächlich Menschen, diese dafür in den unterschiedlichsten Berufen. Ob als Krieger, Jäger, Medicus oder Barde, dazu eventuell noch als Angehöriger einer speziellen Volksgruppe wie Thorwaler (Wikinger), Novadi (Wüstennomaden), Tulamiden (Orientalen), Nivesen (Eskimos) oder Mohas (afrikanische Ureinwohner), die Auswahl ist groß und ermöglicht die individuelle Ausgestaltung eines Helden.
Auch die Magie ist in dieser Welt vorhanden und bringt auch hier verschiedene Heldentypen hervor: den Gildenmagier, welcher die Magie auf einer Schule oder von einem Lehrmeister und aus Büchern gelernt hat, den Scharlatan, einen Jahrmarktzaubertrickser, die Hexe, die vor allem intuitive Magie wirkt, den Druiden, der sich als Beschützer der Natur sieht, die Schamanen, welche die Naturgeister anrufen, oder die tulamidischen Tänzerinnen, welche verschiedene Zaubertänze beherrschen. Daneben existieren noch 3 verschiedene Elfenvölker mit ihren (größtenteils) Naturzaubern. Alle haben ein unterschiedliches Repertoire an Zaubersprüchen, und beim Gildenmagier kann auch dieses je nach Akademie noch sehr variieren. Insgesamt gibt es weit über 200 offizielle Zaubersprüche, komplett mit Spruch, Zaubergesten und Sonderregeln, so daß eigentlich kein Magier dem anderen gleichen sollte.

Von den Regeln her ist das System recht einfach, es werden lediglich W20 und W6 benötigt, und es ist in verschiedenen Komplexitätsstufen einsetzbar. In der Minimalvariante gibt es 5 Attribute (Mut, Klugheit, Charisma, Gewandtheit, Körperkraft), einen Attacke- und einen Paradewert, einen Schadenswert für die Waffe und einen Schutzwert für die Rüstung und die Lebensenergie. Bei Magiern und Elfen zusätzlich noch die Astralenergie für Zauber. Wenn man eine bestimmte Anzahl Erfahrung (Abenteuerpunkte) erhalten hat, steigt man eine Stufe auf und darf dann seine Eigenschaften ein wenig steigern.
In der höchsten Ausbaustufe gibt es 7 positive (s.o. plus Intuition und Fingerfertigkeit) und 7 negative Attribute (Aberglaube, Totenangst, Raumangst, Höhenangst, Goldgier, Neugier und Jähzorn), es gibt Basiswerte für Attacke, Parade, Fernkampf und Ausweichen, worauf man Talentpunkte verteilen kann, um so für jede Waffenart individuelle Kampfstärken festzulegen. Desweiteren gibt es ein umfangreiches Talentsystem, bei dem jede Charakterklasse unterschiedliche Startwerte für die (zumeist vorgegebenenen) Talente besitzt. Jedes Talent wird durch eine Kombination von 3 Attributen repräsentiert, auf die beim Einsatz Würfelproben abgelegt werden müssen. Die Talentpunkte kann man dann zum Ausgleichen schlechter Würfe benutzen. Ähnlich sind auch die verschiedenen Zaubersprüche organisiert. Das Kampfsystem ist sehr ausgefeilt und erlaubt eine Vielzahl taktischer Manöver.

Für den Einstieg in DSA reicht die Basis-Box incl. Würfel und Startabenteuer. Weitere Abenteuer (mittlerweile an die 150, die meisten davon sehr gut ausgestaltet, mit Karten und Handouts versehen) gibt es zum Nachkaufen. Aufgrund dieser Kriterien ist DSA sehr gut als Einsteiger-Rollenspiel, sowohl für Spieler, als auch für Spielleiter geeignet.

Fortgeschrittene Spieler stolpern dagegen meist über einige Ungenauigkeiten in den Regeln, oder über einige sehr umständlich gelöste Regelpassagen. Was extrem negativ auffällt, ist die Verplantheit der Welt: Für praktisch jedes Fleckchen Erde existiert eine offizielle Beschreibung oder Karte, so daß es manchmal sehr schwer fällt, ein eigenes Abenteuerszenario irgendwo in einem Gebiet unterzubringen, ohne mit den offiziellen Angaben in Konflikt zu kommen. Größere, weltbewegende Ereignisse sind dank offizieller Geschichtsschreibung und Weiterentwicklung der Spielwelt ebenso schwer bis unmöglich zu gestalten.

Fazit:
Ein sehr schönes Spielsystem, um Anfängern das Rollenspiel nahezubringen, und auch um sich spielleiterische Fertigkeiten anzueignen. Aufgrund der fehlenden weißen Flecken auf der Landkarte jedoch nur eingeschränkt für eigene Szenarien nutzbar.

Kurzübersicht: Das Schwarze Auge

Genre: High Fantasy

Spielt in: Welt Dere, Kontinent Aventurien, fantastisches Hochmittelalter.

Verlag: Schmidt Spiele (1.+2.+3. Ed.), Fantasy Productions (3.+4. Ed.), Ulisses (4. + 5. Ed.)

Erscheinungsjahr: 1984 (1. Ed), 1988 (2. Ed.), 1992 (3. Ed.), 2001 (4. Ed.), 2006 (überarbeitete Edition 4.1), 2015 (5. Ed.)

Erhältlichkeit: Aktuell sind die Bücher der 5. Edition von Ulisses erhältlich, teilweise als Limited Edition im Ledereinband, ältere Bücher und Boxen (3. +4.  Ed.) gelegentlich noch als Restposten oder antiquarisch, Abenteuerbände (3.+4. Ed.) gut erhältlich.

Weitere Medien: über 100 Romane, ein Tabletop-Spiel "Armalion" (mittlerweile eingestellt), Brettspiele, ein Sammelkartenspiel "Dark Force" (seit 1997 eingestellt), eine Fülle von Computerspielen, Brettspiele, eine zweimonatlich erscheinende Ingame-Zeitung "Aventurischer Bote" und vieles mehr.