Star Wars - In den Fängen des Oktopus
Epilog: Augen Blicke
Im Krankenhaus hatte man lange auf Nachricht des Arztes gewartet, der dann schließlich Kenny und Liliana als Verwandte von Shanta nach hinten bat. Das Auftauen an sich war problemlos verlaufen, doch war man sich aufgrund der beschädigten Karbonithülle nicht ganz sicher, wie sehr die Winterschlafkrankheit sie befallen würde und wie lange ihr Augenlicht weg sein würde. Der Arzt wirkte nicht erfreut, als er die Möglichkeit einer permanenten Erblindung nicht ausschließen konnte.
Kenny und Liliana schluckten, als sie das hörten und wollten dann unbedingt zu ihrer Schwester. Die lag in einem Bett und schlief friedlich. Äußerlich waren keinerlei Verletzungen zu erkennen, doch Kenny schauderte vor dem Moment, wenn sie ihre Augen öffnen würde. Während Liliana bei ihrer Zwillingsschwester blieb, verdrückte sich Kenny auf die Toilette, um sich auszuweinen und danach frisch zu machen, damit sie wieder bereit war, die besonnene große Schwester zu verkörpern, die nun mehr denn je gebraucht wurde.
In der Zwischenzeit hatten sich Kirau und Ogg unabhängig voneinander an den nahen Strand zurückgezogen, um im Rauschen der Wellen ein wenig Trost zu finden. Luka und Jack waren zurückgeblieben und der Junge erzählte dem Piloten, daß ihre Kommandantin Thaena vermutlich bereits seit Stunden auf eine Rückmeldung und einen Statusbericht warten würde.
Also ließ sich Luka vom Krankenhauspersonal einen Besprechungsraum mit Holokommunikator zuweisen und rief auf Eriadu an. Thaena sah gar nicht gut aus, und ihre Augenringe deuteten auf ein großes Schlafdefizit hin. In seiner gewohnt unbeschönigten Art erklärte der Pilot, daß Shanta am Leben war, aber aufgrund ihres Aufenthalts im Karbonit, welches beschädigt worden war, noch keine Prognose des besorgt dreinblickenden Arztes möglich war. Das war natürlich nicht gerade die Neuigkeit gewesen, die Thaena hatte hören wollen, aber sie nahm es zur Kenntnis und fragte nach dem Rest. Der Pilot berichtete von Ralon’s Gehirnerschütterung, Jarosh’s gebrochener Schulter und daß es Kenny, Kirau, Ogg und ihm selbst soweit gut ging. Bezüglich Dar und Serka schüttelte er den Kopf und konnte miterleben, wie seine Kommandantin ihre Kaffeetasse vom Tisch fegte, so daß sie irgendwo im Hintergrund zerschellte. Die Agentin wandte sich ab und brauchte einen Moment, um ihre Fassung wiederzuerlangen. Dann meinte sie fatalistisch, daß Pelekotan geben und Pelekotan auch wieder nehmen würde, ganz wie es ihm beliebte. Zum Schluß verordnete sie Luka und dem restlichen Team Urlaub bis auf weiteres und unterbrach dann die Verbindung. Nun war auch Luka soweit, daß er sich ein stilles Stückchen Strand suchte, um dem Meeresrauschen zuzuhören.
Kenny hatte eine Decke für Liliana organisiert und war dann nach vorn zurückgekehrt, wo nur noch Jack wartete. Die beiden sprachen kurz darüber, wie es weitergehen würde, und Kenny holte dann Liliana, damit die beiden jungen Leute die Nacht zusammen im Motel verbringen konnten. Kenny selbst kuschelte sich in die Decke und blieb bei Shanta, wo sie irgendwann auch erschöpft einschlief.
Als erster wachte am nächsten Morgen Ralon aus seiner Bewusstlosigkeit auf. Der Arzt wunderte sich über sein Krankenhausbett und seinen Aufzug und wollte gerade aufstehen, als die Krankenschwester dies bemerkte und ihm weiter Bettruhe verordnete aufgrund seiner Gehirnerschütterung. Nachdem er dies gehört hatte, legte Ralon sich brav wieder hin und schlief noch etwas weiter.
Ogg hatte die ganze Nacht am Strand gelegen und war noch nicht zurück. Ebenso Kirau, der sich in eine Decke eingewickelt und ein paar selbstgeklaute Zigarillos geraucht hatte, um über das Leben, die Galaxis und seine Aufgabe darin zu sinnieren.
Als nächstes wurde Kenny von einer Krankenschwester geweckt. Da Shanta immer noch schlief, ließ sie sich das Zimmer von Ralon mitteilen und kam gerade hinzu, wie der Arzt sich mit den angeschlossenen Geräten eine Selbstdiagnose ausstellte. Als er die Mechanikerin bemerkte, wollte er wissen, was passiert war. Die erklärte, daß es eine Explosion eines Thermaldetonators gegeben hatte und dann vermutlich weitere Sprengladungen hochgegangen waren, wodurch die gesamte Anlage zerstört worden war.
Ralon schaute sich um und fragte nach Serka, doch Kenny konnte nur mitteilen, daß sie tot war, genau wie Dar, während es alle anderen lebend heraus geschafft hatten. Nur bei Shanta war noch nicht sicher, ob sie wieder sehen können würde.
Als Ralon dies hörte, drängte sich das Hilfsbedürfnis als Arzt an die Oberfläche und er stand auf, riss sich die Kanülen aus dem Arm und wollte sofort zu ihr. Da er auch das Überwachungskabel erwischt hatte, kam sofort das Notfall-Team mit Arzt und Krankenschwester hereingestürmt und verfrachteten ihn wieder ins Bett zurück. Auch die Kanülen mussten neu gestochen werden, da er sich beim Versuch, alles wieder anzuschließen, eine davon irgendwie selbst daneben in den Arm gerammt hatte.
Während Ralon mit dem örtlichen Mediziner über Behandlungsmethoden für die Kälteschlafkrankheit diskutierte, kehrte Kenny zu Shanta zurück, damit sie da wäre, wenn ihre Schwester aufwachen würde.
Luka, der im Laufe der Nacht dann doch das Angebot, im Motel zu übernachten, angenommen hatte, fand sich beim Frühstück ein, wo sich dann auch Ogg, Kirau, Liliana und Jack hinzugesellten. Mittlerweile hatte man ihnen erklärt, daß sie sich auf dem republikanischen Mid-Rim-Planeten Rathalay befanden und seit ihrem heldenmütigen Opfer mehr als drei Wochen vergangen waren, die sie im Delirium unter Drogen verbracht hatten.
Dann kehrten Luka, Liliana und Jack ins Krankenhaus zurück, wo Luka als Offizier der Republik kein Problem hatte, zu Jarosh vorgelassen zu werden, den man frisch erholt und genesen aus dem Bacta-Tank geholt hatte. Der Teltior fühlte sich topfit und erhielt zusätzlich noch ein hochwertiges Frühtück, welches mehrere Klassen über dem des Motels rangierte.
Dann war es soweit und Shanta regte sich. Kenny war sofort zur Stelle und nahm ihre Hand, als ihre Schwester fragte, wo denn alle wären. Die Mechanikerin erklärte, daß alle hier wären außer Dar und Serka, die es nicht geschafft hatten. Shanta ließ ihren Tränen freien Lauf und Kenny ließ sie einfach gewähren. Dann kam der befürchtete Moment, als Shanta fragte, ob man nicht das Licht einschalten könnte, und Kenny ihr mitteilen mußte, daß das Licht eingeschaltet war, sie aber momentan nichts sehen konnte. Shanta versuchte, sehr tapfer zu sein bei dieser Nachricht, doch ihre Tränen konnte sie nicht verhindern.
Auch der hinzukommende Arzt, der ihre Pupillen untersuchte, konnte nur berichten, daß ihr rechtes Auge zumindest etwas reagierte, während das linke scheinbar tot war. Er erwähnte allerdings auch, daß es je nach Person unterschiedlich lange dauern konnte, bis sie sich von den Strapazen des Cryoschlafs innerhalb des Karbonits erholt hatten.
Dann trafen Liliana und Jack ein und entbanden Kenny für einen Moment von ihrer Pflicht als große Schwester, so daß sie zum Luft schnappen auf den Flur hinaustreten konnte. Dabei bemerkte sie einen Tumult im Eingangsbereich und ging nachschauen.
Eine rothaarige Frau in einem piratenmäßig gestylten Outfit war gerade dabei, die Rezeptionsdame verbal zu attackieren, weil diese ihr keinerlei Auskunft über den Zustand von Shanta Killian geben wollte. Kenny kam hinzu, und es dauerte mehrere Momente, bis sie Ranja Killian endlich erkannt hatte. Die feuerrote Lockenmähne anstelle des hellblonden Dutts machte schon einen Großteil der Veränderung aus, aber in Kombination mit den großen Silbercreolen, dem Ring im linken Nasenflügel, dem Tribal-Tattoo auf der rechten Schulter und der generell piratenhaften Aufmachung wurde eine komplett andere Person daraus, die kaum noch Gemeinsamkeiten mit der adrett-seriösen Geschäftsfrau von Eriadu hatte.
Als es endlich Klick gemacht hatte, nahm Kenny sie zur Seite und fragte erst einmal, wie man sie hier ansprechen sollte. Ranja gab ihren Zweitnahmen Vivi an, unter dem sie seit einem Dreivierteljahr hier lebte. Dann kam auch Luka dazu, dem Kenny erst einmal erklären mußte, daß diese Person, die der Sicherheitsdienst nach draußen begleiten wollte, Shanta’s Tante war. Luka hatte sie bislang noch nicht persönlich kennengelernt, da er erst nach ihrem „Tod“ offiziell zu der Gruppe dazugestoßen war, doch er vertraute Kenny und schickte den Sicherheitsdienst dann auch weg.
Dann ließ sich Vivi, die von General Shore lediglich informiert worden war, daß Shanta hier ins Krankenhaus eingeliefert worden war, von Kenny auf den aktuellen Stand bringen. Was die Mechanikerin dabei jedoch vergaß, war, sie auf die „Verdopplung“ von Shanta vorzubereiten. Vivi, die zumindest grob ein paar Details von Dar aufgeschnappt hatte, ließ sich jedoch nichts anmerken und reagierte „natürlich“ verwirrt, als Shanta Kenny und Liliana als „ihre Schwestern“ vorstellte, worauf Kenny meinte, daß es eine lange Geschichte sei.
Noch während die Familie Killian sich intern auf den neuesten Stand brachte, betrat Kirau das Zimmer, kniete vor Shanta’s Krankenbett nieder und sprach sie mit „Prinzessin“ an. Er legte einen Schwur ab, daß er auf eine Queste aufbrechen würde, um ihr Augenlicht zwischen den Sternen zu suchen und wieder zurückzubringen. Dann verabschiedete er sich und stolzierte von dannen. Nachdem er draußen war, fragte Shanta trocken, was der Gute geraucht hatte, denn ihre feine Nase hatte den leichten Gerucht von Tabak wahrgenommen.
Inspiriert von Kiraus Glauben an die Macht fragte Kenny ihre Schwester, ob sie sich denn eigentlich nicht mit der Macht selbst heilen könne. Die junge Frau fasste sich an den Kopf, denn vor lauter schlechten Nachrichten und Chaos war sie auf das Naheliegendste noch nicht selbst gekommen. Also begann sie eine Meditation und Heilungstrance, während sich der Rest ihrer Familie weiter austauschte.
Inzwischen aß Jarosh resigniert sein Frühstück, konnte er es doch immer noch nicht verstehen, warum er die Superbehandlung bekam und der Rest nur Standard. Jack kam dann irgendwann auch nach hinten und wurde von Luka auf den aktuellen Stand gebracht. Der junge Mann war ebenso perplex, wer denn die rothaarige Frau wäre und ließ sich auf den Stand bringen, daß dies Ranja sei, die doch nicht so tot war, wie man die Galaxis hatte glauben lassen wollen.
Während dort also ein weiteres Stück Familienzusammenführung vonstatten ging, besuchte Luka Ralon, der an seinen Überwachungsmonitoren herumtippte, weil er die Diagnose des Stationsarztes unbedingt verifizieren mußte, er den Instrumenten aber nicht so ganz vertraute. Dann verließ Luka das Krankenhaus wieder und ging zum nahen Pier, wo er die Schuhe auszog, die Beine ins Wasser baumeln ließ und sich vorstellte, wie stark wohl die Hitzewelle eines Thermaldetonators sein konnte.
Eine halbe Stunde nach Beginn ihrer Meditation öffnete Shanta ihre Augen, blinzelte ein paar Mal und konnte freudig vermelden, daß sie zumindest wieder Silhouetten wahrnehmen konnte, aber irgendetwas trotzdem nicht stimmen würde.
In diesem Augenblick kam Ogg herein, der wieder auf die Jagd ausziehen wollte. Zuvor wollte er sich jedoch noch von „Kleiner Jägerin“, „Kleiner Tänzerin“ und „Kleiner Beute“ verabschieden, bevor er der Zählerin erneut Ehre machen würde.
Dann verabschiedete der Trandoshaner sich noch von Jarosh, der gerade seine finale Untersuchung hinter sich hatte und offiziell entlassen wurde. In einem Overall mit Insignien der Neuen Republik kam er aus seinem Krankenzimmer und Ogg legte ihm die Pranke auf die Schulter, was Jarosh gleich zu einer gespielten Schmerzensattacke verleitete. Ogg ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und verabschiedete sich von „Großem Jäger“, der ihm dann auch noch eine gute Jagd wünschte.
Als nächstes schaute Jarosh bei Ralon vorbei, der zum wiederholten Male eine neue Selbstdiagnose stellte, um die vorherige noch um einige Prozentpunkte zu verbessern. Schnell ergriff der Teltior hier die Flucht und knurrte dabei vor sich hin, daß es einen Grund gab, warum er Ärzte nicht mochte.
Auf dem Gang lief ihm Jack über den Weg, der vor ihm salutierte. Grinsend fragte der Pilot, ob man dem jungen Mann auch schon einen Rang zugewiesen hätte, doch dem war wohl noch nicht so. General Shore hatte ihn und Liliana lediglich informiert, daß es einen anonymen Tip gegeben hatte, wo man die Crew finden würde, und sie waren sofort aufgebrochen.
Schließlich war nichts anderes mehr übrig, also konnte Jarosh sich nicht länger davor drücken und betrat Shanta’s Zimmer, nachdem er geklopft hatte und hereingebeten wurde. Dort stellte er sich dieser Vivi vor, von der er bislang nur gehört hatte, bis er nach dem dritten Hinsehen endlich Ranja erkannt hatte, die schon die ganze Zeit am Kichern gewesen war. Shanta’s trockener Kommentar dazu war, daß sie offenbar nicht die Einzige wäre, die Probleme mit den Augen hatte.
Das brachte aber Jarosh und Kenny auf die Idee, einen Arzt zu suchen und mit Unterstützung des Ansehens, welches der hochdekorierte republikanische Kampfpilot genoß, eine Entlassung von Shanta zu erwirken. Der Arzt erklärte, daß sie bereits alles täten, was in ihrer Macht stünde, doch da die Winterschlafkrankheit so unberechenbar war, konnten sie aktuell nur abwarten. Falls Shanta’s Augenlicht dann noch nicht zurückgekehrt war, hatte General Shore eine kostspielige Operation autorisiert, bei der man die junge Frau mit den hochwertigsten Cyberaugen ausstatten konnte, die momentan bei den Streitkräften der Republik im Einsatz waren. Zur Bestätigung zeigte er den beiden eine kleine Schatulle mit zwei Cyberaugen, die eine grün schimmernde Iris besaßen.
Kenny wusste, daß dies nicht im Sinne ihrer Schwester war und setzte voll auf die Heilkraft der Macht, da sie diese bereits mehrfach miterlebt hatte. Seufzend akzeptierte der Doktor dies und stellte auch eine baldige Entlassung in Aussicht, wenn man zuvor mit einer weiteren Untersuchung einen ungefähren Genesungsverlauf bestätigen konnte. Also drängten Jarosh und Kenny, daß diese Untersuchung schnellstmöglich durchgeführt werden würde.
Anschließend verließ auch Kenny das Krankenhaus und gesellte sich zu Luka an den Strand. Tief atmete sie die frische Seeluft ein und bemerkte den Strand, den Pier, das dort vertäute Boot und die vielen Touristen, die hier Urlaub machten. Der Kampfpilot erkundigte sich nach dem Befinden und gab zu, daß es für ihn selbst nicht einfach war, da er zwar immer damit rechnen mußte, selbst nicht zurückzukehren, aber Crewmitglieder und Freunde zu verlieren, war auch für ihn nicht leicht. Kenny gab zurück, daß sie froh sein konnte, da sie selbst und Shanta und die meisten anderen am Leben waren, aber trotzdem hatte sie einen Teil ihrer erweiterten Familie verloren und das schmerzte sehr.
Luka sprach von Normalität, was für ihn so etwas wie Urlaub in einem tropischen Paradies wie diesem mit einschloss, wo die Welt noch in Ordnung schien. Kenny hingegen bezeichnete das Summen der Maschinen eines Raumschiffs als Normalität, zusammen mit einer Crew, die ihr vertraute, daß sie das Schiff in Schuß hielt.
Da Thaena dem gesamten Team Urlaub verordnet hatte und Kenny von Vivi bereits auf die Insel eingeladen worden war, wo auch sie seit einem Dreivierteljahr wohnte, wurde der Entschluß gefasst, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden und sich auf diese Insel zurückzuziehen. Dann standen beide noch eine Weile schweigend nebeneinander.
Jarosh hatte sich inzwischen in den weitläufigen Fluren und Korridoren des Krankenhauses verlaufen und kam genau rechtzeitig an Shanta’s Krankenzimmer an, als der Arzt gerade mit seiner Untersuchung fertig war. Der Mediziner berichtete, daß das rechte Auge gut aussehen würde und nach einiger Erholung vermutlich wieder vollständig funktionieren würde. Das linke Auge war jedoch irreparabel beschädigt und würde vermutlich nie wieder über mehr als 10% Sehkraft verfügen.
Liliana hielt Shanta’s Hand, während diese weinend die Neuigkeiten verarbeitete. Immerhin hatte der Arzt versprochen, die Entlassungspapiere fertigzumachen, wenn sie in ein paar Tagen zu einer Nachkontrolle vorbeikommen würde. Somit war es beschlossene Sache, daß alle mit Vivi nach Titon Island kommen würden.
In der Zwischenzeit wurden alle Sachen gepackt und Jarosh ging nach draußen, wo auch Ralon, den man ebenfalls entlassen hatte, mit seinem Koffer stand. Der Kampfpilot fragte den jungen Arzt, ob er wasserscheu wäre, und als dieser verneinte, meinte Jarosh, dürfe er auch auf dem Piratenschiff mitfahren. Diese Bemerkung veranlasste Ralon, sich verzweifelt nach einem Piratensegelschiff umzuschauen, bis er auf das Touristenboot von Vivi aufmerksam gemacht wurde.
Jack, der mit Jarosh zusammen die „Dream Voyager“ fliegen würde, sprach den Lieutenant darauf an, wo man den Arzt eigentlich aufgegabelt hätte. Sein Vertrauen wuchs nicht gerade, als er erfuhr, daß Ralon früher für Reelo Baruk gearbeitet und ihn für einen ehrenwerten Gentleman gehalten hatte.
Zu Kenny und Luka, die noch am Strand standen, meinte Jarosh frotzelnd „Mast und Schotbruch“, bevor er mit Jack ein Taxi zum Raumhafen der Insel, der wenig mehr als ein Landefeld mit Tower war, nahm. Auch die Warnung vor Piraten machte Ralon sehr unsicher, bis Kenny das Ganze aufklärte, daß man mit dem Touristen-Piratentourboot von Vivi zu einer Insel fahren würde, wo man weitere Familie hatte. Also gingen die beiden ebenfalls ihre Sachen packen.
Die Fahrt zur Insel dauerte knappe anderthalb Stunden. Das Touristenboot hatte einen erstaunlich leistungsstarken Motor und Vivi reizte diesen voll aus. Shanta und Liliana saßen achtern und ließen den Wund durch die Haare wehen, während Ralon sich unter Deck an sein Medizinköfferchen klammerte und mehrmals sicherheitshalber überprüfte, ob er auch genügend Medikamente gegen Seekrankheit dabei hatte. Kenny und Luka saßen im Touristenbereich hinter den Panoramafenstern und schauten sich die vielen kleinen Inselchen an, die sie auf ihrer Fahrt passierten. Vivi hatte noch gefragt, ob sie gerne das Touristenprogramm hören wollten oder lieber Musik, doch Luka war gerade eher auf etwas rockige Musik eingestimmt, so daß Vivi ihr Mixtape einlegte, bei dem irgendwann zwischendrin auch ein Stück aus dem Soundtrack von „Charypsoma – Königin der Freibeuter“ abgespielt wurde.
Als sie ihr Ziel erreicht hatten, wurden sie am Steg bereits von Liira und ihrer Mutter Chirrina erwartet. Die beiden Quarren hießen ihre Gäste auf Titon Island willkommen. Kenny staunte über das große Herrenhaus und die Geschützstellungen auf dem Dach, als Liira erklärte, daß dies eine ehemalige Piratenfestung und daher ganz gut bewaffnet und geschützt wäre. Shanta ergänzte, daß es auf der Südseite der Insel, hinter dem kleinen Palmenwäldchen auch einen wunderschönen Sandstrand gäbe, falls jemand Strandurlaub machen wollte. Luka betrachtete die beiden Landepads mit Interesse und bemerkte das Starhound J-77 Langstrecken-Shuttle, das auf dem einen Pad geparkt war. Die „Dream Voyager“, die ebenfalls gerade im Landeanflug war, setzte indes auf dem zweiten Landepad auf.
Dann führten Liira und Chirrina ihre Gäste zum Haus. Kaum hatten sie das Atrium betreten, als auch schon ein freudiges Fiepen aus einem der Korridore näherkam. Lucy, die pinkfarbene R2-Einheit, kam mit Höchstgeschwindigkeit hereingerollt und hielt direkt auf Shanta zu. Kurz bevor sie diese erreicht hatte, zündete sie zusätzlich noch ihre Booster und sprang die junge Frau praktisch an. Die hatte jedoch schon damit gerechnet, hielt die R2-Einheit an den seitlichen Stützen fest und drehte sich einmal mit ihr um die Achse, bevor sie sie abstellte und umarmte. Daß dieses Manöver nur mithilfe der Macht so ohne Verletzungen abgehen konnte, bemerkte nicht nur Kenny. Nachdem Shanta Lucy dann endlich losgelassen hatte, wurden ihr alle vorgestellt. Die R2-Einheit war sehr über Liliana’s Anwesenheit irritiert und fragte Shanta, ob sie einen Nachbau von sich hätte machen lassen.
Die junge Frau kämpfte noch damit, daß ihr rechtes Auge zwar schon fast wieder ok war, ihr linkes aber nur vereinzelt etwas Licht oder unscharfe Bilder lieferte. Also ging Vivi kurz zu ihrem Boot zurück und brachte aus dem Piraten-Souvenir-Shop eine Augenklappe mit, welche dabei half, das kaputte Auge ruhigzustellen. Liira bestätigte grinsend, daß Shanta nun wie eine echte Piratin aussehen würde.
Als nächstes wurden die Zimmer verteilt. Shanta und Kenny nahmen das seeseitige Eckzimmer im Obergeschoss, während Liliana und Jack das landseitige Eckzimmer belegten. Luka nahm eines der beiden Zimmer in der Mitte und kam sich schon fast wie in einer Kaserne vor, denn die Möblierung war kaum verändert worden, seit die Räume als Unterkunft für eine Piratenmannschaft gedient hatten. Jarosh nahm sich das landseitige Eckzimmer im Erdgeschoss und Ralon wurde das nächste Zimmer nebenan zugewiesen.
Somit waren alle untergebracht, und nun ging es zum Essen. Chirrina hatte eine ihrer phantastischen Meeresfrüchteplatten gezaubert und das Gericht kam sehr gut an. Besonders der gegrillte Oktopus hatte es Luka angetan und er schwärmte davon. Liliana fragte Chirrina, wie sie die einzelnen Gerichte zubereiten würde, und die Quarren war so begeistert über das Interesse, daß sie versprach, in den nächsten Tagen ein, zwei Familienrezepte mit der Nachwuchsköchin zu teilen.
Nach dem Essen fragte Kenny, wie es nun weitergehen würde. Vivi war sich nicht sicher, ob sie zur Firma zurückkehren wollte, vor allem da nun bereits der nächste Verbrecherboss seine Finger danach ausstreckte. Luka fragte sie, ob es sich denn gut anfühlen würde, tot zu sein, und die ehemalige Managerin bestätigte, daß sie sich noch nie so lebendig gefühlt hatte. Irgendwie hatte sie Zeit ihres Lebens immer nur geschuftet und versucht, so seriös wie möglich als Geschäftsfrau aufzutreten. Hier war sie frei und konnte leger zur Arbeit gehen und mußte sich keinen großen Kopf um die nächsten Tage und Wochen machen.
Dann wollten aber alle hören, was nun genau vor zwei Tagen auf der Insel des Oktopus geschehen war. Während Kenny zu erzählen begann und immer wieder von Luka ergänzt wurde, ging Jarosh nach draußen und wanderte über die Insel. Dabei bemerkte er auch einige Palmen mit Krallenspuren, sowie eine davon, in welcher – ebenfalls mit Krallen – der Name „Jack“ eingraviert worden war. Mit dem Ziel, Jack unbedingt zu fragen, was es damit auf sich hatte, setzte er seinen Rundgang fort.
Inzwischen war Kenny mit ihrer Erzählung bei dem Teil angelangt, wo Shanta sich von ihrem Körper getrennt und man einen Ersatzkörper zum Klonen in Auftrag gegeben hatte. Nachdem auch diese Geschichte abgeschlossen war, wollte Luka unbedingt wissen, was es mit Dar und seinem Sirup auf sich hatte. Grinsend erklärte Shanta, daß Dar damals das Sirup gekauft und getrunken hatte, ohne auf der Packung nachzulesen, daß man es 1:5 verdünnen sollte. Und da er den Geschmack und die dickflüssige Konsistenz mochte, hatte er es dann so beibehalten.
Dies nahm Shanta auch zum Anlass, um auf Dar und Serka anzustoßen, auf die Macht und auf die große Familie, die sie mittlerweile waren. Dann begaben sich die meisten früh ins Bett und Kenny half Shanta entsprechend, da sie immer noch nicht so gut sehen konnte. Zur Abwechslung nahm Kenny das obere Stockbett und ermahnte Shanta, daß sie nicht im Raum herumschweben solle.
Währenddessen sprach Jarosh Jack auf die Palme an, doch der junge Mann hatte davon gar nichts mitbekommen und meinte nur, daß Dar zum damaligen Zeitpunkt eine etwas eifersüchtige Beschützerrolle für Shanta innehatte und er nie ganz sicher gewesen war, ob der Barabel ihm tatsächlich etwas antun wollte oder ob es nur „Spaß“ gewesen war.
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Liliana wurde von Chirrina in die Geheimnisse der Meeresfrüchtezubereitung eingeweiht, während Liira Kenny die ganzen technischen Einrichtungen der Festung zeigte. Besonders von dem massiven Energiegenerator im Keller, der mühelos ein Schutzschild und die Abwehrgeschütze mit Energie versorgen konnte, war die Mechanikerin schwer beeindruckt. Shanta ließ es etwas langsamer angehen und nutzte die Gelegenheit, mal wieder im Bikini am Pool zu liegen oder schwimmen gehen zu können. Luka machte an einem der Tage dann doch die Piratentour für Touristen auf Vivi’s Boot mit, wo es zu einigen netten Flecken auf diesem ozeanischen Planeten ging, an denen Piratenschiffe aus Holz und andere Kulissen entsprechend aufgebaut waren, um den Hintergrund für tatsächliche Piratengeschichten zu bilden und den Touristen mehr Geld für Souvenirs aus der Tasche zu ziehen.
Irgendwann wurde Shanta dann auch genötigt, die Geschichte zu erzählen, wie Liira und ihre Mutter zu der Insel gekommen waren. Also erzählte sie von Mia und ihrem Ziehvater, dem Quarren Vimdarr Titon, der diese Insel als Unterschlupf gekauft hatte. Später hatten sich dann genau die Piraten hier eingenistet, die letztendlich für seinen Untergang verantwortlich waren. Bis dann Mia, Dar, Shanta und Liira zusammen mit Freunden das Piratennest ausgehoben hatten und auf Jack gestoßen waren, der als Schiffsjunge der Piraten gedient hatte.
Als Shanta erwähnte, daß die Anführerin dieser Meute Rae van Ker gewesen war, stellte Jarosh die Verbindung zu der Sith her, welche sie vor kurzem getroffen hatten. Jack, der bislang geglaubt hatte, Rae wäre von Shanta getötet worden, mußte nun erfahren, daß die Frau, die seine Eltern getötet und ihn fast geopfert hätte, doch noch am Leben war. Wütend stürmte er nach draußen und Shanta beglückwünschte Jarosh sarkastisch für die gute Arbeit. Dann lief sie Jack nach und erklärte ihm unter vier Augen und in einer heftigen Diskussion, daß Rae van Ker, die durchgeknallte Piratin, tatsächlich tot war, und daß die Rae, die nun deren Körper bewohnte, in Wirklichkeit der Sith-Lord war, welcher auch Shanta’s Körper bereits benutzt hatte. Schließlich ließ sich der junge Mann beruhigen und umarmte Shanta freundschaftlich.
Abends im Bett fragte Kenny Shanta, ob sie nicht Dar spüren könnte. Darin keimte der Hoffnungsschimmer, daß der Barabel vielleicht doch überlebt haben könnte und lediglich untergetaucht wäre. Shanta meditierte und war der Meinung, Dar ganz nahe zu spüren. Also erklärte sie ihrer Schwester, daß er vermutlich eins mit der Macht geworden war und nun über sie wachen würde. Auch wenn es nicht die Antwort war, die sie erhofft hatte, so fand Kenny trotzdem Trost in diesem Gedanken und schlief ein.
Nach einer Woche war die Nachuntersuchung von Shanta’s Augen angesetzt. Vivi fuhr sie und ihre Schwestern mit dem Boot zum Krankenhaus, wo die Ärzte feststellten, daß ihr rechtes Auge wieder vollständig hergestellt war, während ihr linkes leider keine Besserung zeigte und bestenfalls auf 5% Sehkraft kommen würde, was zur Unterscheidung zwischen hell und dunkel gerade so reichen würde. Tapfer nahm Shanta das Ergebnis zur Kenntnis und lehnte das Angebot eines Cyberauges entschieden ab.
Stattdessen kam heraus, daß ihr achtzehnter Geburtstag eigentlich schon vor drei Wochen gewesen war, während sie in Karbonit eingefroren im Thronsaal des Oktopus gehangen hatte. Da man aber unmöglich ohne ihre Freunde von Eriadu feiern wollte, wurde beschlossen, die Feier in den kommenden Wochen nachzuholen.
Damit war aber bereits klar, daß man schnellstmöglich nach Eriadu zurückkehren würde, und so wurde es ein kurzer Abschied von Chirrina, Liira und Vivi. Letztere zwei versprachen, wenn der Termin feststehen würde, per Shuttle vorbeizukommen.
Also wurden die Koffer gepackt und man ging an Bord der „Dream Voyager“. Seashell freute sich sehr, Lucy endlich wiederzusehen, aber Kenny war gar nicht begeistert, als die R2-Einheit auch wieder in den Maschinenraum fahren wollte. Nur unter dem Versprechen, nicht wieder einfach Zeug umzuräumen, erhielt sie Zutritt und fragte prompt, warum die Werkzeuge bunt lackiert und so merkwürdig angeordnet wären und warum die Haupttriebwerke und der Hyperantrieb ausgetauscht worden waren.
Auf der Brücke machte sich Luka startbereit mit Jack als Copilot und Jarosh an der Sensorkonsole. Shanta hatte aufgrund ihres Handicaps darauf verzichtet, diesmal zu fliegen, und war mit Liliana und Ralon in der Messe geblieben. Allerdings waren die beiden Kampfpiloten nicht ganz bei der Sache und Luka überdrehte nicht nur die Repulsoren, sondern verzog auch das Steuer, so daß man um ein Haar in das Shuttle oder das Haus gekracht wäre. Jack konnte in letzter Sekunde die Kollisionen verhindern, doch dadurch übersah er auch die Repulsorüberlastung. Glücklicherweise bemerkte Kenny dies und riss blitzschnell die Sicherung heraus, um eine Explosion zu verhindern.
Als das Schiff dann im Hyperraum war, stapfte sie auf die Brücke und fragte, ob man denn keine Anzeige dafür auf dem Armaturenbrett hätte, und da fiel den drei Piloten erst auf, daß ein rotes Lämpchen hektisch blinkte. Anhand des Kontrollhebels konnte Jarosh dann auch ableiten, daß Luka das Problem verursacht hatte. Der entschuldigte sich und Kenny zog zufrieden ab.
Während des Flugs half Shanta häufig Kenny im Maschinenraum oder Liliana in der Messe, ließ sich aber nicht im Cockpit blicken. Dafür wollte Ralon jeden Tag mehrere Untersuchungen an ihrem Auge durchführen, bis ihr schließlich der Kragen platzte und sie wütend die Krankenstation verließ, mit dem Kommentar, daß es so auch nicht besser werden würde.
Als sie am dritten Tag im Landeanflug auf Eriadu waren, schaffte es Luka, eine Bilderbuchlandung hinzulegen und seinen früheren Fehler schon fast vergessen zu machen. Diesmal achtete Jarosh auch etwas mehr auf die Sensoren, konnte aber keine Probleme feststellen. Direkt nach der Landung ging ein Anruf von Thaena ein, daß man schnellstmöglich ins Büro kommen und Shanta gut gestylt mitbringen solle. Die erfuhr über das Schiffsintercom davon, aber Liliana war zur Stelle und half dabei, die junge Frau in kürzester Zeit businessmäßig auszustatten und herzurichten. Mit dem Make-up und dem Business-Kostüm wirkte Shanta gleich einige Jahre älter.
Auf der Fahrt zum Büro mit dem Taxi setzte sich Shanta in die Mitte und schaute nicht nach draußen, während Liliana wieder mit Freude einen Fensterplatz besetzte. Bei der Ankunft im Büro wurde Shanta von Cozy ehrerbietend empfangen und alle wurden sofort nach hinten durchgewunken. Lediglich Lucy wurde aufgehalten und der Protokolldroide freute sich sehr, daß seine Partnerin endlich wieder zurück war.
Im Büro selbst wurde die Crew von Thaena nur knapp willkommen geheißen und in eine Ecke gescheucht, so daß sie nicht im Erfassungsbereich der Holocam waren. Shanta hingegen wurde zum Transmitter hinüberbeordert, wo dann ohne viel Umschweife Thaggit Kurn mit seinem Führungsstab erschien und ihr sein Beileid über den tragischen Verlust von Master Utka überbrachte. Da die Position der Geschäftsleitung von Galactic Tranceport somit vakant war, hatte das Leaderboard zugestimmt, daß Shanta diese Position nun einnehmen sollte, da sie volljährig war und von der Familie Killian stammte. Die Details sollte ihre „Sekretärin“ mit ihr klären. Dann legte Kurn auf.
Doch damit war die Aufmerksamkeit noch nicht vorüber, denn Thaena hatte noch eine weitere, diesmal aufgezeichnete Nachricht erhalten, die an Shanta adressiert war. Und zwar zeigte sich ein Quarren, der offenkundig der jüngere Bruder des berüchtigten Oktopus war. Er bedankte sich bei Shanta und ihrer Crew für die Unterstützung bei der Klärung einer schwierigen „Familienangelegenheit“ und versicherte ihr, daß er keinerlei üble Absichten gegen sie, ihre Familie oder Galactic Tranceport hegte, solange sie sich zukünftig aus seinen Angelegenheiten heraushalten würden. Einen Freundschaftsbesuch im nun „Oktopusraum“ genannten Territorium des ehemals nördlichen Huttenraums gestattete er und stellte auch ggf. weitere Geschäfte in Aussicht, betonte aber, daß er keine Einmischung in seine geschäftlichen oder territorialen Interessen seitens Galactic Tranceport oder der Neuen Republik und ihrer Verbündeten dulden würde. Er verabschiedete sich mit den Worten: „Auf bald, Licht des Protosterns!“
Mit dieser Bemerkung konnte jedoch niemand etwas anfangen. Jarosh vermutete, daß irgendwo in der Nähe einer Einrichtung des Oktopus ein Protostern sein könnte, konnte dies aber nicht mit astronomischen Daten untermauern.
Als ob dies ihr Stichwort gewesen wäre, kam nun Lucy fiepend hereingerollt, doch Regi schien die „Konkurrenz“ gar nicht zu passen, denn er kam von seiner Konsole in der Ecke herbeigerollt und rammte direkt in Lucy hinein, um sie umzuwerfen. Das mißlang zwar, aber Lucy’s Kuppel sprang halb herunter und sie begann zu funken. Als Regi triumphierend seinen Greifarm hob, trat Kenny die Flucht an, da sie diese Auseinandersetzung nicht mit ansehen wollte.
Lange konnte Regi sich jedoch nicht in seinem Triumph sonnen, denn Lucy hatte ihren Defekt natürlich nur gespielt, genau wie bei ihrem „Sturz“ vom Dach. Heimlich setzte sie sich hinter Regi wieder zusammen und brutzelte ihn dann mit ihrem Elektroschocker, bis er wegen Überlastung herunterfuhr. Shanta und Thaena seufzten beide, als nun Lucy ihrerseits Siegesbekundungen piepste. Doch sie hatte ihre Rechnung ohne Regi gemacht, der als Spionagedroide einen zweiten Motivatorkern besaß, so daß er bei einem Abschaltversuch von Extern trotzdem hochfahren und weiterfunktionieren konnte. Also tat er dies und schubste Lucy dann wieder.
An diesem Punkt meinte Shanta, daß ja nun beide wüssten, daß sie cool wären und sich die Hand geben sollten. Lucy fuhr ihren Greifarm aus und auch Regi tat dies, doch anstatt ihn Lucy zu einem symbolischen Händeschütteln anzubieten, schnappte er das Greifarm-Gelenk von Lucy, löste mit einem schnellen Dreh ein Gewinde und fuhr triumphierend mit Lucy’s Greifarm davon. Im Vorraum warf er diesen mit einer schnellen Körperdrehung auf das Regal hinter Cozy hinauf.
Doch Lucy dachte gar nicht daran, aufzugeben, zündete ihre Booster und flog zum Regal hinauf, um ihren Greifarm mit dem Sekundärmanipulatorarm einzusammeln. Total entgeistert starrte Regi die pinke R2-Einheit an und fiepte dann vorwurfsvoll zu Thaena, warum ihm niemand gesagt hätte, daß Lucy mit Boostern ausgestattet war und warum er nicht. Die Agentin erklärte genervt, daß er dafür entsprechende Spionage und Anti-Spionage-Bauteile besaß, die Lucy nicht hatte, und daß daher bei ihm kein Platz mehr für Booster gewesen war. Shanta indessen montierte Lucy’s Greifarm wieder und bestand darauf, daß die beiden Droiden sich nun vertragen sollten, da sie alle ein Team waren.
Widerwillig stimmten beide zu und Shanta und Lucy verließen das Büro, um sich mit den anderen zu treffen. Kaum war die Türe geschlossen, fiepten sowohl Lucy draußen, als auch Regi drinnen, daß sie die jeweils bessere Astromech-Einheit wären.
Draußen vor dem Gebäude verabschiedeten sich Luka, der in seine Wohnung gehen, und Jarosh, der nach seinem „Bären“ schauen wollte, vom Rest. Verlegen fragte Liliana, ob Jack auch ins Appartement mitkommen dürfe, was Kenny und Shanta erlaubten. Letztere beugte sich zu ihrer kleinen Schwester hinüber und flüsterte ihr zu, daß sie aber leise sein sollten, was Liliana erröten ließ.
Am Haus angekommen, in dem das Appartement lag, leuchtete das Kontrolllämpchen des Paketsafes. Zwei kleine Pakete, jeweils in Wachspapier eingewickelt und sorgfältig verschnürt, warteten auf die Abholung. Eines war an Shanta Killian adressiert und ein wenig flacher, dafür länglicher. Das andere war für Kenny Killian bestimmt und ein wenig kürzer, dafür höher. Bei beiden war der Empfänger handschriftlich angegeben worden, der Absender verbarg sich jedoch hinter einem kryptischen Strichcode, so daß der Ursprungsort nicht nachzuvollziehen war.
Kenny zitterten die Knie, als sie die Schrift sah, denn sie erkannte eindeutig Dar’s Handschrift. Shanta flüsterte nur, daß sie schnell in die Wohnung gehen sollten. Diese war sauberst aufgeräumt und geputzt und der Kühlschrank war komplett aufgefüllt, wie Liliana stolz präsentierte. Neben dem Lob für ihre umsichtige kleine Schwester waren die beiden Älteren aber erst einmal an ihren beiden Päckchen interessiert.
Während Kenny vermutete, daß Dar diese bereits vor seinem Tod abgeschickt oder hinterlegt hatte, nutzte Shanta die Macht, um die Päckchen vorsichtig abzutasten und empfing die schwache Aura von mehreren Lichtschwertkristallen in beiden. Daher äußerte sie nun die Vermutung, daß Dar gar nicht tot war und nur seinen Abgang inszeniert hatte. Liliana, Jack und Lucy schärfte sie ein, daß sie niemandem davon erzählen dürften, denn wenn dem so war, hatte das sicher wichtige Gründe.
Kenny starrte immer noch zitternd und skeptisch auf das Päckchen und gestand ein, daß sie noch nie ein Päckchen von jemandem bekommen hatte. Laut Shanta war dies ein Zeichen, daß jemand sie mögen würde, und so fasste sie sich endlich ein Herz und öffnete es. Darin war eine Holzschatulle mit dem Lichtschwert von Meister Tryan, sowie ein kleines Metallkästchen, das strahlengeschirmt war. Darin befand sich ein gelb schimmernder Kristall in einer feminin wirkenden Halterung an einer Panzerkette. Ein gefaltetes Papier enthielt einen handschriftlichen Brief in Dar’s verschnörkelter Schrift, in dem er Kenny erklärte, daß sie viel stärker wäre, als sie es sich selbst zutraute und er stolz wäre, sie gekannt zu haben. Trotzdem wäre es für ihn an der Zeit, Abstand zu gewinnen und neu anzufangen, und er wäre nicht allein, sondern hätte jemanden, der auf ihn aufpassen würde.
Kenny ließ ihren Tränen freien Lauf und wurde von Shanta in den Arm genommen, bis sie sich beruhigt hatte. Also hatten Dar und Serka doch überlebt. Die Mechanikerin und ihre Familie freuten sich sehr über diese Nachricht, doch dann wurde Shanta genötigt, auch ihr Päckchen aufzumachen. Darin war ebenfalls ein hölzernes Kästchen enthalten, das ihr Doppellichtschwert enthielt, welches Dar vor seinem „Tod“ auf Kenny’s Drängen hin an sich genommen hatte. Außerdem hatte er eine Schmuckschatulle mit einer Brosche in Sternform mit einem grünen Stein beigelegt, und der ebenfalls handschriftliche Brief war „Für meinen Stern“ betitelt. Auch hier fand Dar blumige Worte, um zu umschreiben, daß er stolz war, einen Teil des Weges mit Shanta gegangen zu sein, aber sie nun seine Führung nicht länger brauchte, er dafür aber zerrissen war und Ruhe und Heilung benötigte.
Auch Shanta kamen die Tränen, und als sie noch einen lieben Gruß an Liliana ausrichtete, den Dar mitgeschickt hatte, war es auch um die jüngste Schwester geschehen und alle drei lagen sich weinend in den Armen. Jack machte das Klügste in dieser Situation: er saß still daneben und sagte kein Wort, bis sich alle wieder beruhigt hatten. Dann meldete Shanta, daß sie Hunger hätte, und zu viert, mit Lucy’s moralischer Unterstützung, kochten sie gemeinsam ein Abendessen, um zu feiern, daß es ihren Freunden doch gut ging.
Von all dem ahnte Jarosh nichts, als er im Hangar ankam, wo die Jäger der „Starlight Squadron“ untergebracht waren. Thaena hatte berichtet, daß man die Maschinen nach ihrem Abflug zurückgebracht hatte, da der General fest damit gerechnet hatte, daß sich die Staffel wieder zusammenfinden würde. Doch der Pilot hatte keine Augen für die anderen Schiffe, oder für die Dinge, die sonst noch in dem Hangar herumstanden. Seine Aufmerksamkeit war auf seinen V-Wing gerichtet und er begrüßte seinen Q7-Droiden Ursula, der ihm fröhlich fiepend antwortete.
Dann zog der Teltior seinen Raumanzug an, machte den Jäger startklar und rief die Flugdaten des Suborbitalflugs auf, den er vor Monaten mit Serka unternommen hatte. Er überließ Ursula die Steuerung entlang derselben Route und lehnte sich zurück, um das Erlebnis auf sich einwirken zu lassen, abzuschalten, und vielleicht herauszufinden, was Serka wohl damals gefühlt hatte, als sie mit ihm zusammen in diesem viel zu kleinen Cockpit gesessen war. So flog Jarosh gedankenversunken in den Sonnenuntergang.
Ende
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Mit großem Dank an alle Spieler!