Star Wars - Rebels of New Alderaan - Act I
Episode 4: Cages
Jaaron Arrowwind hatte alles gehabt: Ruhm, Reichtum, politische und militärische Macht. Als erstgeborener Sohn von Lord Raymond und Lady Janice Arrowwind von Lengnaar war ihm ein Sitz im House of Lords, dem regierenden Organ des Planeten, sicher. Während der imperialen Besatzung des Planeten hatte er Karriere im Militär gemacht und war zum Colonel aufgestiegen. Nach der Niederlage des Imperiums hatte Jaaron sich aktiv um die Aufnahme von Lengnaar in die RANA bemüht und dadurch weiteres Ansehen gesammelt, während er in der RANA gleichzeitig den Rang eines Generals und den Oberbefehl über die Raumjägergeschwader der RANA führte.
Eigentlich hatte er alles erreicht, was man in seiner Lebensspanne hatte erreichen können, und trotzdem war da eine innere Leere. Dies wurde ihm umso mehr bewusst, als seine Schwester Reelana wieder in sein Leben trat. Reena, wie sie sich selbst nannte, war vor vielen Jahren von zuhause ausgerissen und hatte sich der Rebellion um Luke Skywalker und Wedge Antilles angeschlossen und war zu einer der besten Pilotinnen der Neuen Republik geworden, mit dem Kommando über die gefürchtete Wild Squadron betraut.
Jaaron hatte immer auf Reena herabgeschaut, bis zu dem verhängnisvollen Vorfall, als sie während einer Parade auf Neu Alderaan einen imperialen Spion ausgeschaltet und seinen Platz im TIE-Fighter eingenommen hatte. Ihre Freunde hatten von dem Attentäter, aber nicht von dem Platzwechsel erfahren und den TIE abgeschossen. Reena hatte im letzten Moment verhindern können, daß die Maschine in die Tribüne der Lordregentin und ihrer Ehrengäste – darunter ihre Eltern – gestürzt war, doch war es für einen sicheren Ausstieg bereits zu spät gewesen und sie hatte sich sehr schwere Verletzungen dabei zugezogen, die sie für den Rest ihres Lebens zeichnen würden.
Dieses Ereignis, daß seine Schwester ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um ihre Eltern, die sie eigentlich komplett aus ihrem Leben verbannt hatten, zu retten, hatte in Jaaron mehr bewegt, als er im ersten Moment selbst zugeben wollte. Von da an sah er Reena mit anderen Augen und bewunderte insgeheim ihren Mut und ihre Willensstärke.
Von daher war es ihm sehr nahe gegangen, daß Reena nach ihrer letzten gemeinsamen Aktion in der Schlacht um Neu Alderaan, als sie einen Victory-Zerstörer aus dem Weg räumen mußten, um Zivilschiffen die Flucht zu ermöglichen, als vermisst gemeldet worden war.
Er hatte seinen gesamten Einfluß in die Waagschale geworfen, doch das Oberkommando der RANA hatte entschieden, daß ein einzelner Raumjäger der Republik keine Priorität hatte, nun da man selbst so viel verloren hatte. Auch eine Anfrage bei der Neuen Republik war abgelehnt worden, da man militärische Details über seine Piloten nicht mit Außenstehenden einer anderen Fraktion teilen wollte.
Also blieb Jaaron nur noch ein verzweifelter Weg: Er heuerte einen begabten Slicer an, um ihm die Transponderdaten von Reena’s Jäger zu besorgen und kontaktierte Mia De’Ore, die berühmte Retterin der Galaxis, damit sie im Geheimen nach dem Verbleib von Reena forschen sollte.
Mia war erfolgreich gewesen und konnte bestätigen, daß Reena’s Jäger getroffen, sie mit dem Schleudersitz ausgestiegen und dann von einem imperialen Shuttle aufgenommen worden war – vermutlich als Kriegsgefangene. Somit bestand weiterhin Hoffnung, Reena lebend zurückzubekommen, doch leider hielt Mia dies nicht geheim, sondern plauderte es vor der versammelten Führungsriege der beiden Fraktionen aus.
Dies hatte eine sofortige Degradierung von Jaaron zum Colonel zur Folge, und nach dem Ende der desaströsen Schlacht um Petreon wurde er auch umgehend von allen Diensten und Ämtern freigestellt. Man vermutete in seinem Hackerkontakt, den er nicht preisgeben wollte, ein potentielles Informationsleck und wollte das Risiko nicht weiter eingehen, Jaaron in militärische Geheimnisse involviert zu sehen.
Also hatte der Pilot seinen Einfluß auf anderer Ebene eingesetzt und einen Auftrag für freischaffende Söldner ausgeschrieben. Wenn die sogenannten Helden der Republik und der RANA ihn für ein bisschen Ruhm verrieten, dann würden Söldner wenigstens die für Geld ausgemachte Leistung erbringen.
Die wroonianische Pilotin und Retterin der Galaxis Su bemerkte die Ausschreibung sofort. Zwar hatte Jaaron den Namen seiner zu befreienden Schwester nicht erwähnt, aber der Absender und die Formulierung ließen keinen anderen Schluß zu, als daß es sich um Reena handeln würde. Su, die mit Reena befreundet war, sah es als ihre Pflicht, dabei zu helfen, die Pilotin zurückzubringen, und startete mit ihrem aufgemotzten YT-1300 Frachter „Red Crane“ sofort in Richtung Kintoran II. Dort angekommen brauchte es nur einen kurzen Moment, bis sie aufgrund ihres Status eine Landegenehmigung bekam, so daß sie ihr Schiff auf dem regulären Raumhafen von Stuged aufsetzen konnte.
Ein wenig unwohl wurde es ihr schon, als sie die zerfledderten Schlachtschiffe im Orbit und die Wracks der kleineren Maschinen auf dem Raumhafengelände sah, sowie die Feldlazarette für die Verwundeten und die Zelte für die Flüchtlinge. Doch war sie sich sicher, daß die Macht das schon irgendwie richten und alles wieder ins Lot kommen würde.
Als Treffpunkt war die Raumhafencantina angegeben worden, wohin Su sich dann auch zügig bewegte, um dort noch einen Drink zu sich zu nehmen.
Inzwischen waren der Ugnaught Duugel Hersh, der sich „PeeKay“ nannte, und ein neugieriger Jawa namens Kont Ptac im Shuttlebus des Raumhafens aufeinandergetroffen, als sie sich von ihren jeweiligen Mitfluggelegenheiten verabschiedet hatten und zum Raumhafengebäude fuhren. Es bestand sofort eine Sympathie zwischen den beiden kleinwüchsigen Reisenden, erst recht, als sich herausstellte, daß beide Söldner waren und sich für denselben Auftrag interessierten.
PeeKay stellte sich als Experte für alles, was Bumm machen konnte, vor, während Kont erwähnte, daß er auf der Suche nach interessantem Schrott wäre, um daraus tolle Dinge zu bauen. Gut gelaunt kamen die beiden in der Cantina an und ließen sich zur reservierten Nische führen, wo sie dann auch etwas zu trinken bestellten und dem Treiben zuschauten. Irgendjemand hatte nämlich Su erkannt und erwähnt, was zu einer Traube aus Fans um die Wroonianerin geführt hatte, die alle ein Autogramm haben wollten.
Immerhin war Su dank ihrer diversen Werbeverträge, die Produkte von Space Cola ebenso beinhalteten wie eine Reihe von Action-Figuren, Plüschis, Anziehpuppen und natürlich ihre eigene Comicserie, so bekannt wie ein bunter Hund und sonnte sich in ihrem Ruhm.
RANA-Soldatin Corporal Aurelia Porter war der Meinung, daß die letzten Jahre grundlegend einige Dinge in ihrem Leben schiefgelaufen waren. Man hatte sie mit einer Ewok-Kundschafterin auf eine Aufklärungsmission geschickt, von der sie erst nach vielen Irrungen und Wirrungen wieder zurückgekehrt war – und sie bemerkte, daß sie anderthalb Jahre einfach übersprungen hatte. Seither war sie ziemlich skeptisch, was den stetigen Fluß der Zeit anging, und hatte begonnen, diverse Uhren zu sammeln, um dem Phänomen auf die Spur zu kommen.
Auch ihre Folgeaufträge mit der Archäologin Dr. Shi Ravak, bei denen sie Ruinen und Apparate einer alten Hochkultur erforschten, verliefen selten glatt und ereignislos, doch zurück auf Kintoran II schien sich niemand groß um sie zu kümmern. Selbst als Neu Alderaan überfallen und alle Kräfte mobil gemacht worden waren, hatte man ihren Dienstplan nicht geändert.
Umso überraschter war Aurelia, als sie an diesem Tag einen Einsatzbefehl von allerhöchster Stelle erhielt, daß sie sich in ziviler Kleidung im Einsatzhauptquartier auf dem Raumhafen einfinden sollte. Supreme Captain Kiera Sarkon erklärte, daß der von Jaaron Arrowwind ausgeschriebene Söldnerauftrag sowohl Interesse, als auch Befürchtungen geweckt hatte, und man jemanden, den der Ex-General bestimmt noch nie gesehen hatte, in diese Gruppe einschleusen wollte. Ziel der Aktion sollte sein, so viel wie möglich über den Hackerkontakt des Auftraggebers herauszufinden, sowie über dessen Verbindungen zur Neuen Republik und zum Imperium, über die er immer bestens informiert zu sein schien.
Dazu erhielt sie eine neue Deckidentität als Miss Sylvia Minute und die nötige, ungekennzeichnete Ausrüstung vom Versorgungsdienst. Außerdem wurde sie zum Sergeant befördert, was sie verwirrt zur Kenntnis nahm.
Lieutenant Jonas Youngriver hatte bereits in der Schlacht der Finsternis und bei diversen anderen Gelegenheiten mit bzw. unter Reena Arrowwind gedient, und als er die Ausschreibung für ein Söldnerteam zu ihrer Rettung sah, ging er direkt zu seiner Staffelführerin Colonel Thaena Randu. Diese hatte den Aushang auch bereits gelesen und genehmigte unbezahlten Urlaub für Jonas, wenn er sich der Aktion anschließen wollte. Außerdem stellte sie klar, daß er privat dabei wäre und keine Ausrüstung der Neuen Republik nutzen durfte. Darüber hinaus gab Thaena zu bedenken, daß vielleicht noch andere Gefangene ebenfalls auf Rettung warteten, die man nicht zurücklassen durfte.
Zufrieden nahm Jonas das Angebot an, zog sich zivile Klamotten an und begab sich zur Raumhafencantina, um den Auftraggeber zu treffen.
Als Jonas unter seiner schnell erstellten Deck-Identität „Jonas Peterson“ die Cantina betrat, war immer noch eine Menge an Leuten um Su versammelt. Der Pilot bemerkte die Wroonianerin und setzte ein Lächeln auf, von dem er hoffte, daß es nicht so gezwungen aussah, wie es tatsächlich war. Von vorherigen Aufträgen kannte er die Retterin der Galaxis bereits und wusste auch um ihre öffentlichkeitswirksame Persönlichkeit. Also hoffte Jonas, daß es diesmal ohne große Explosionen abgehen würde, holte sich einen Drink und ließ sich den Weg zum Tisch weisen. Dort stellte er sich PeeKay und Kont als Pilot vor, woraufhin PeeKay verlauten ließ, daß er für das „Bumm“ zuständig wäre. Daraufhin verschluckte sich Jonas fast an seinem Drink und bemühte sich, ruhig zu bleiben, da ihm die Kombination nicht ganz geheuer war.
Im nächsten Moment gesellte sich „Abenteurerin Sylvia Minute“ mit ihrem Orangensaft dazu und kontrollierte reflexmäßig ihre mechanische Taschenuhr. Su kam erst zum Tisch, als auch der Auftraggeber im schwarzen Cape mit Kapuze eintraf. Jaaron trug eine in dunklen Farben gehaltene und ohne auffällige Verzierungen ausgestattete Adelstunika und wirkte weiterhin gepflegt, auch wenn er keine Uniform mehr trug.
Er bedankte sich bei den Anwesenden, von denen er Su bestens und Jonas zumindest flüchtig kannte, für ihre Anwesenheit und präsentierte den Auftrag: Reena Arrowwind aus dem berüchtigten imperialen Gefängnis „The Rock“ zu befreien und unversehrt zurückzubringen. Sylvia markierte die Söldnerin, indem sie eine Gefahrenzulage ansprach, bevor er überhaupt die Bezahlung erwähnt hatte. Also zog der Adlige fünf Credsticks aus der Tasche mit jeweils 500 Credits Anzahlung, sowie dem Versprechen auf weitere 5.000 pro Person bei erfolgreichem Missionsabschluß. PeeKay fragte nach Ersatz für zusätzliche Auslagen von sprengbarem Material und Jaaron stimmte zu, daß man dies hinterher abrechnen könne.
Nachdem alle verkündet hatten, daß sie dabei wären, ging es in die Details. Offenbar war über „The Rock“ nur wenig bekannt, außer daß es unauffindbar und eine Flucht von dort unmöglich wäre. Immerhin hatte Jaaron von einem Informanten erfahren, daß es im ehemaligen RANA-Gebiet liegen mußte und im wöchentlichen Wechsel von zwei Versorgungsstationen per Raumschiff mit Vorräten versorgt wurde. Über seine Kontakte hatte Jaaron den Zeitplan der Versorgungsflüge bekommen, konnte daraus aber leider nicht die Position des Gefängnisses ableiten. Eines der Depots befand sich im Ferrigon-System auf der Ferrotrade-Station, die mittlerweile vom Imperium kontrolliert wurde. Die anderen Flüge wurden von Saleucami durchgeführt, wo Agenten des Imperiums zumindest einen Teil des Warenverkehrs für sich beansprucht hatten.
Nachdem es keine weiteren Fragen mehr gab, verabschiedete sich Jaaron und ließ noch verlauten, daß die Getränke aufs Haus gehen würden. Dann war die Gruppe unter sich und klärte erstmal die wichtigen Dinge wie Transportation und Recherche. Su erklärte, daß sie einen kompakten Frachter besaß, den sie auch im Hinblick auf die feindliche Umgebung gleich umlackieren ließ, damit das auffällige Space Coke Logo überdeckt wurde. Zusammen mit Kont wollte sie sich dann auch nochmal über Ferrigon informieren, während Jonas Informationen über Saleucami einholte.
Letztere deuteten darauf hin, daß das Imperium zwar Warenverkehr von und zum Planeten kontrollierte, aber auf dem Planeten selbst nur indirekt in Erscheinung trat. Stattdessen gab es wohl mehrere Strohmänner, über die man im Zweifelsfall an die Versorgungslieferungen herankommen konnte.
Da laut Zeitplan Saleucami aber erst wieder in über einer Woche dran war und die nächste Lieferung in weniger als 2 Tagen von Ferrigon aus erfolgen sollte, wählte man dieses System als Ziel aus, wo man Informationen und ggf. einen Zugang zu der Lieferung beschaffen wollte. Ferrigon war fest in imperialer Hand, aber die größte Macht auf der Station war ein Verbrecherboss namens Slim Nimh, der mit Informationen handelte.
Was man über „The Rock“ herausfand, drehte allen den Magen um, denn scheinbar gab es das Gefängnis schon seit mindestens 10 Jahren, doch niemand hatte in der ganzen Zeit den Standort herausgefunden oder war von dort entkommen. Es gab nur Gerüchte über Gefangene, denen identifizierbare Körperteile entfernt und imperialen Agenten dafür eingesetzt wurden, um Ziele zu infiltrieren. Auch gab es wohl Behauptungen, daß manche Gefangene gefoltert und einer Gehirnwäsche unterzogen wurden, so daß man sie selbst als Agenten einsetzen konnte. Einig war man sich, daß man keine Zeit verschwenden durfte, Reena dort herauszuholen, bevor es zu spät war.
Nachdem man einen groben Plan hatte, ging es auf die – inzwischen umlackierte – „Red Crane“ und man verteilte die Kojen. Damit man am Zielort unbehelligt bleiben würde, sollten Sylvia und Jonas als Passagiere auftreten, während PeeKay und Kont als Su’s Crew gelistet wurden.
Jonas kam dann auch zu Su ins Cockpit und die beiden klärten ab, wer sie waren und woher sie sich kannten. Dann legte die Pilotin einen Superstart hin, so daß die Hälfte der Anwesenden nicht einmal bemerkte, daß man schon längst unterwegs war.
Bei der Ankunft im Ferrigon-System am nächsten Morgen hatten alle ihre illegalen „Spielzeuge“ in geheimen Schmugglerverstecken untergebracht. Aber die Zollcorvette wollte nichts von der „Red Crane“ wissen, als man angab, nur Passagiere an Bord zu haben. Somit erhielt das Schiff eine Landegenehmigung in einer der Parkbuchten der riesigen Pylone der Raumstation, wo Su auch eine perfekte Landung hinlegte.
Beim Aussteigen erklärte ein sullustanischer Techniker ihnen die Regeln der Station, darunter auch die Waffenbeschränkungen, und kassierte die Liegegebühr. Dann entschied die Gruppe, sich aufzuteilen: Su wollte mit den beiden Menschen auf die Promenade und in die Cantina gehen, um auf „klassischem“ Wege nach Informationen zu suchen, während die beiden „Kleinen“, PeeKay und Kont, sich unverdächtigerweise in den Frachtdocks der Pylonen umschauen wollten.
Also betraten Su, Jonas und Sylvia das Promenadendeck, das sich mehrere Ebenen rund um die im Zentrum befindliche Cantina „Bartering Bantha“ erstreckte. Man schenkte den Läden und anderen Etablissements jedoch keine große Beachtung, sondern steuerte direkt die Cantina an, auf deren unterster Ebene eine Jizz-Band live spielte. Man bestellte sich Drinks und beobachtete ein wenig die Umgebung.
Jonas und Sylvia fiel auf, daß Händler und andere Einheimische sorgenvoll, vorsichtig und bisweilen ängstlich agierten, während die Imperialen selbstbewusst und überlegen wirkten. Lediglich ein paar Touristen feierten eine ausgelassene Party und schienen sich von der lokalen Atmosphäre nicht anstecken zu lassen. Um ein wenig ungestörter reden zu können, nahm Jonas seine beiden Begleiterinnen in den Arm, während sie von der Bar zu einem der Tische hinübergingen. Irgendwie konnten sie sich trotzdem des Gefühls nicht erwehren, beobachtet zu werden.
Als sie Platz genommen hatten, kam auch bereits eine Twi’lek-Bedienung vorbei und servierte ihnen noch einmal ihre zuvor konsumierten Drinks, “mit besten Grüßen eines Verehrers, der sich sehr freuen würde, Sie persönlich kennenzulernen“. Als Su nachschaute, war auf ihrer Serviette „Ebene +1“ geschrieben worden. Die Wroonianerin behielt das für sich und meldete sich bei ihren Begleitern zum „Näschen pudern“ ab.
Doch in Wirklichkeit begab sie sich auf die angegebene Ebene innerhalb der Cantina, wo bewaffnete Schläger sie empfingen und – nach Ablegen von Waffen und Comlink – zu ihrem Boss brachten. Slim Nimh, der fette Twi’lek Gangster, begrüßte seinen illustren Gast überschwänglich und fragte nach Su’s Begehr.
Die Pilotin erwähnte, daß sie nach einem Etablissement in der Gegend suchen würde, von dem man nicht mehr freiwillig wegkommen würde. Schnell kam man auf „The Rock“ zu sprechen und Slim Nimh erklärte, daß er eine Menge wichtiger Informationen darüber zur Verfügung stellen könne, sofern Su etwas vergleichbar Interessantes anbieten könne. Die Wroonianerin, die sonst nicht auf den Mund gefallen war, fühlte sich in diesem Moment absolut hilflos, da sie nicht wusste, was der Gangster von ihr wollte. Selbst als er konkrete Beispiele wie den Aufenthaltsort der Lordregentin oder hochrangiger Offiziere von RANA oder Republik, Truppenstärken und Zustände oder genaue Zahlen über die Flottenverbände ansprach, wusste Su lediglich, daß sie ihm diese Informationen auf keinen Fall geben wollte. Auch private Details aus dem Leben der Killian-Familie hätten ihn brennend interessiert, doch auch hier war Su nicht bereit, Informationen herauszurücken.
Schließlich rang sie sich dazu durch, die Geschichte zu erzählen, wie „jemand“ Reena Arrowwind vor zwei Jahren bei der Parade auf Neu Alderaan fälschlich abgeschossen hatte. Slim Nimh hakte nach und erfuhr, daß Su selbst die Schützin gewesen war, die den Jäger ihrer Freundin erwischt hatte und somit für ihre schweren Verletzungen verantwortlich war. Dieses Detail amüsierte den Gangster durchaus und er sinnierte, daß es ja eine Ironie des Schicksals wäre, daß Su wohl so große Schuldgefühle haben würde, daß sie ihre Freundin nun aus dem imperialen Gefängnis retten wollte.
Da Su aber – von dieser Story abgesehen – absolut nichts für den Gangster nützliches von sich gab, beendete dieser das fruchtlose Gespräch, von dem er sich erheblich mehr erhofft hatte. Da er immerhin ein wenig amüsiert worden war, rückte er mit einer Info heraus: „The Rock“ war ein in einen Asteroiden hineingebautes Gefängnis und besaß sowohl Manöverdüsen, Ionentriebwerke und sogar einen Hyperantrieb. Daher war der Aufenthaltsort des Felsens auch nicht in Erfahrung zu bringen, denn dieser änderte sich ständig, was eine gezielte Befreiungsaktion so gut wie unmöglich machte. Damit ließ Slim Nimh Su aus seiner Ebene werfen.
Inzwischen hatten PeeKay und Kont sich die Frachtdocks angeschaut und waren über eine Sperrzone im oberen Bereich von einem der vier Pylone der Station gestolpert. Durch einige Absperrgitter war ein imperiales Frachtshuttle zu sehen, welches offenbar gerade beladen wurde.
Die beiden kleinwüchsigen Crewmitglieder suchten sich einen Luftschacht und krochen darin hinter die Absperrungen, wo sie einen besseren Blick hatten. Arbeiter in imperialen Overalls beluden das Shuttle mit diversen Kisten und Containern, während zwei Sturmtruppen davor Wache standen. Da das Versorgungsshuttle zu „The Rock“ in einigen Stunden starten sollte und es kein anderes imperiales Schiff in den Frachtdocks gab, folgerten PeeKay und Kont, daß dies das gesuchte Shuttle sein mußte. Auf der besetzten Station wollte man allerdings nicht riskieren, die anderen zu kontaktieren, daher mußten sie selbst entscheiden, was sie damit anfangen würden.
Während PeeKay darüber sinnierte, daß man ein Laptop oder ein anderes technisches Gerät als Peilsender konfigurieren und mitschicken konnte, ging Kont noch einen Schritt weiter und meldete sich freiwillig als blinder Passagier. Der Ugnaught war von so viel Mut gerührt und half Kont, eine der Kisten zu leeren, damit der Jawa sich darin mitschmuggeln lassen konnte. Dann gab er ihm noch alles an entbehrlichen technischen Gegenständen mit, die eventuell in irgendeiner Form nützlich werden konnten.
PeeKay blieb noch eine Weile in der Nähe und beobachtete, wie Kont’s Kiste eingeladen wurde, bevor er sich auf den Rückweg zum Schiff machte.
Währenddessen hatten Sylvia und Jonas sich gewundert, daß Su nicht zurückkam. Anhand von Indizien folgerten die beiden, daß Su vom örtlichen Untergrundboss eingeladen worden war und diese Einladung auch angenommen hatte. Jonas hoffte, daß die egozentrische Pilotin sich nicht verplappern und damit die ganze Gruppe in Schwierigkeiten bringen würde.
Um nicht die ganze Zeit nutzlos herumsitzen zu müssen, begaben sich die beiden zum Reiseinformationssystem und gaben vor, einen Flug nach Shienam II buchen zu wollen, während sie tatsächlich die Flugpläne der Station inspizierten. Ihnen fiel auf, daß in wenigen Stunden ein Abflugfenster für das Imperium großzügig blockiert war und ebenso in zwei Tagen für die Rückkehr des Versorgungsfluges.
Dann bemerkten sie, wie Su zurückkehrte, man verständigte sich wortlos und alle wanderten auf der Promenade zu einem Schaufenster auf der anderen Seite. Dort eröffnete Su ihren beiden Kameraden, daß „The Rock“ ein sprungfähiges Vehikel war, was die Stimmung ziemlich in den Keller drückte. Zwar hatte die Pilotin großartige Ideen, daß man das Shuttle hacken und ein Peilsignal anbringen sollte, doch wussten die anderen, daß dies nur entweder von einem imperialen Terminal aus oder von innerhalb des Shuttles möglich war. Auch eine direkte Verfolgung des Schiffs „auf Sicht“ oder mit Sensoren war aufgrund des großzügigen Flugverbots um das imperiale Startfenster herum nicht möglich, da die Kreuzer draußen nur darauf zu warten schienen, ihren Turbolasercrews ein paar Zielübungen spendieren zu können.
Niedergeschlagen kehrte man zum Schiff zurück und wurde nicht kontrolliert. Kurz darauf tauchte PeeKay auf und erbat Einlass. Kaum hatte sich die Rampe hinter ihm geschlossen, plapperte der Ugnaught aufgeregt los, was für ein tapferer kleiner Jawa Kont doch sei, daß er sich freiwillig als blinder Passagier in das Shuttle hatte einladen lassen. PeeKay hatte sich die Frequenz, die Kont für das Peilsignal nutzen wollte, mit Filzstift auf seinen Bauch geschrieben, so daß man erfreut feststellte, daß man trotz einiger Rückschläge noch gut im Rennen lag.
Also wurden noch alle Dinge besorgt, die eventuell nützlich werden konnten, und Su bemühte sich um einen Abflugslot kurz vor dem gesperrten Zeitraum. Es klappte, und nachdem die Pilotin ihren Frachter sicher aus der Einflugsöffnung manövriert hatte, führte man einen Mini-Sprung bis an den Rand des Ferrigon-Systems durch, wo die natürliche Strahlenbarriere des Planetensystems durch einen kleinen Asteroidengürtel ergänzt wurde. Dahinter glaubte man sich sicher und außerhalb der Sensorreichweite der Kreuzer. Su flog so dicht wie möglich an einen der größeren Brocken heran, um Sensortarnung zu erhalten, und dann wurde auf den Abflug des Shuttles gewartet.
Dieses startete ungefähr in der Mitte seines Zeitfensters, als Jonas gerade Scandienst hatte. Da bislang niemand die „Red Crane“ in ihrem Versteck behelligt hatte, war es ein Leichtes, das Schiff zu scannen und den ungefähren Kurs des Shuttles zu berechnen. Aufgrund dieser Angaben sprang Su mit dem Schiff hinterher, damit man schon im ungefähren Gebiet wäre, wenn Kont die Gelegenheit für ein Signal bekäme.
Diese Gelegenheit ergab sich kurz nach dem Eintritt in den Hyperraum. Der Jawa beobachtete durch das Atemloch, das er mit PeeKay’s Hilfe in seine Kiste gebohrt hatte, und horchte nach Geräuschen. Nachdem einer der Piloten nochmal die Ladung kontrolliert und eine Kiste festgezurrt hatte, war Kont allein im Frachtraum. Leise kroch er aus seinem Versteck und fand einen Computeranschluß im Heck des Schiffs. Freudestrahlend schloss der abenteuerlustige Jawa sein schrottiges Laptop an und begann, die Schiffssysteme zu hacken. Durch eine glückliche Fügung gelangte er bis auf Betriebssystemebene und konnte den Transponder-Emitter so umprogrammieren, daß dieser das Peilsignal als Teil des regelmäßigen Transpondersignals sendete, so daß es fast nicht zu entdecken war. Zufrieden packte Kont seine Gerätschaften wieder ein und machte es sich wieder in seiner Kiste gemütlich.
Bei der nächsten Kurskorrektur hatte Jonas die Scanner bereits auf die Frequenz von Kont kalibriert und fand tatsächlich das Peilsignal, dem sie somit weiter folgen konnten.
Mehrere Stunden später bemerkte Kont anhand der veränderten Triebwerksgeräusche, daß man den Hyperraum verlassen hatte und wohl im Landeanflug war. Der Jawa verhielt sich mucksmäuschenstill und wurde, nachdem das Shuttle gelandet war, mitsamt seiner Kiste ausgeladen.
Nachdem er sich vergewissert hatte, daß die Frachtschlepper gerade anderweitig beschäftigt waren, kroch Kont aus seinem Versteck und stellte fest, daß er sich in einem geräumigen Hangar befand, in dem zwei bis drei weitere Schiffe ähnlicher Größe bequem hineinpassen würden. Neben allerlei Containern und anderen Dingen, die herumstanden, bemerkte er auch, daß jenseits des Kraftfeldes der freie Weltraum wartete. Offenbar handelte es sich nicht um ein planetares Gefängnis, sondern um eine Raumstation.
Da die Menschen, welche die Fracht ausladen mussten, offenbar sehr beschäftigt waren, gelang es dem Jawa problemlos, auf die andere Seite zu gelangen, wo er hinter ein paar Kisten einen Computeranschluß fand. Auch hier war die Sicherheitsbarriere nicht gegen den Erfindungsreichtum des Jawa gefeit und dieser konnte sich einen groben Überblick über den Ort verschaffen. Als er anhand der Spezifikationen bemerkte, daß dies keine normale Raumstation war, sondern ein ausgehöhlter Asteroid, der einen Unterlichtantrieb und sogar einen Hyperantrieb besaß, war sein Interesse geweckt. Doch zuerst mußte er dafür sorgen, daß seine Freunde, die davon vermutlich nichts wussten, sicher landen konnten und nicht von den Abwehrkanonen in Stücke geschossen wurden.
Also generierte Kont einen gültigen Sicherheitscode, der es einem Raumschiff ermöglichen würde, als geplante Ankunft in den Hangar einzufliegen. Dieser Code würde automatisch an das nächste Schiff verschickt werden, welches die Sensoren der Station erfassten. Anschließend klinkte er sich wieder aus dem System aus, damit er nicht bemerkt werden würde, und kletterte in einen Luftschacht, von wo aus er die Vorgänge im Hangar beobachten konnte. Dort naschte er genüsslich einen Energieriegel und träumte davon, wie beeindruckt die anderen Jawas seines Clans auf Tatooine sein würden, wenn er mit einem ganzen Asteroiden ankäme, statt nur einer schnöden Sandraupe.
Auf der „Red Crane“ bemerkte Jonas, daß sich ihr Peilsignal nicht mehr schnell weiterbewegte und kam zu dem Schluß, daß das Shuttle wohl gelandet war. Vorsichtig wurde ein Sprung zu den Koordinaten berechnet und alle rüsteten sich aus.
Am angegebenen Punkt angekommen zog Su am Hebel und die langgezogenen Linien wurden wieder zu Sternen. Im nächsten Moment erhielt die „Red Crane“ einen Sicherheitscode, der sofort von den Systemen der Station wieder abgefragt wurde. Jonas zuckte mit den Schultern und übermittelte den Code, und das Wartungsschiff „Red Crane“ erhielt offiziell Landegenehmigung im Hangar von „The Rock“. Su legte eine perfekte Landung hin, wie sie kein imperialer Pilot hätte präziser durchführen können. Die beiden Menschen in Arbeitsoveralls, die gerade die letzten Kisten aus dem Shuttle ausgeladen hatten, schauten irritiert zu dem Schiff hinüber und überprüften ihre Datenpads.
Dies nahm Kont zum Anlass, aus seinem Versteck zu kommen und nochmal den Computeranschluß zu benutzen, um Sensoren und Hangarbeleuchtung flackern zu lassen. Offenbar waren die Arbeiter leidgeprüft, denn sie stöhnten, daß es wohl schon wieder eine Störung geben würde.
Somit waren sie weniger aufmerksam, als sie an Bord kamen und Su erklärte, daß sie einen offiziellen Auftrag hätte, der sie herführen würde. Auf dem Weg ins Cockpit wurde dann der erste Arbeiter von Sylvia von hinten mit dem Blaster betäubt, während Su den zweiten mit einer vollen Dose Space Cola am Kopf traf und ebenfalls ins Land der Träume schickte. Die beiden wurden fachgerecht verschnürt und in den Waschraum gelegt.
Dann kam Kont zur Rampe gelaufen und beglückwünschte alle zu ihrer erfolgreichen Aktion. Er gab den groben Übersichtsplan, den er sich aus dem System gezogen hatte, an den Rest weiter, doch leider waren dort weder die Zellenbelegungen, noch die Sicherheitscodes enthalten. Dafür wusste der Jawa, daß die beiden Shuttlepiloten noch im Büro auf der anderen Hangarseite beim Kaffeetrinken waren, und so wurden auch diese schnell betäubt und gefesselt in einem Vorratsraum untergebracht.
Inzwischen brachte PeeKay Sprengladungen an den Kraftfeldemittern an, um gegebenenfalls den Hangar „entlüften“ zu können. Auch am Shuttle wurde ein Sprengsatz platziert, damit keiner der Wärter damit fliehen und Verstärkung rufen konnte.
Dann schlich man zum Aufzug, der bis zur zweitobersten Ebene führte. Anscheinend waren sie dort richtig, da es dort nur 4 große Zellen gab, von denen eine durch einen imperialen Soldaten bewacht wurde. Sylvia schlich sich an den Wachmann an und betäubte ihn durch einen aufgesetzten Schuß von hinten, so daß sie seinen schlaffen Körper auffangen konnte.
Doch der Schuß war wohl gehört worden von einem zweiten Wachmann, der zwei Ebenen tiefer im zentralen Treppenhaus vor den normalen Zellen patrouillierte. PeeKay flüsterte, daß jemand antworten müsse, also rief Jonas zurück, daß alles in Ordnung wäre. Der dreiste Coup gelang und der andere Wachmann setzte seine Runde fort.
Sein betäubter Kollege wurde verschnürt, geknebelt und gefilzt und hatte neben einem Betäubungstonfa noch einen Codezylinder und ein Comlink dabei, die mitgenommen wurden. Dann erst schaute die Gruppe durch das Fenster in den bewachten Raum hinein und konnte dort die gesuchte Reena sehen, wie sie auf einem Operationstisch festgeschnallt und offenbar sediert war. Sie trug lediglich ein Krankenhemdchen und hatte einen Verband am rechten Oberschenkel. Bei diesem Anblick mußte sich Su sehr beherrschen, nicht gleich loszustürmen und den nächstbesten Imperialen, den sie fand, umzubringen.
Sylvia schlug vor, den Kontrollraum auf der obersten Ebene zu stürmen und dem Ganzen ein Ende zu setzen. Doch die Ernüchterung kam vor der Tür zum Kontrollraum, der keinerlei Schloß, Panel oder sonstigen Angriffspunkt aufwies und scheinbar nur von innen oder per Fernbedienung geöffnet werden konnte. Ein plumper Versuch, den Oberaufseher mit der Nachricht über die Lieferung seiner Lieblingssüßigkeiten herauszulocken, scheiterte, da der Mann offenbar zu beschäftigt war, sie gerade jetzt entgegenzunehmen.
Also kehrte man zum Treppenhaus zurück und teilte sich auf. PeeKay bereitete die Sprengung der Tür zum Kontrollraum vor, während Su den verbleibenden Wachmann im Treppenhaus auf dieselbe Weise ausschaltete, wie Sylvia vorhin den anderen. Gleichzeitig wollten die anderen den Aufenthaltsraum des Personals stürmen und alle dort auf einmal betäuben. Sylvia hatte eine Betäubungsgranate organisiert, machte sie scharf, öffnete die Tür zum Aufenthaltsraum, warf die Granate und schloss die Tür direkt danach wieder, damit der Effekt nur drinnen aktiv werden sollte. Leider war sie mit der Reihenfolge etwas durcheinander gekommen, daher war die Tür bereits wieder zu, bevor die Granate drinnen war, und die piepsende Kugel prallte ab und rollte zwischen die Gruppe.
In diesem Moment bewies Jonas Nerven aus Drahtseilen, denn er fing die Granate auf und sprintete zurück zur Tür. Diese wurde gerade von einem Wachmann geöffnet, der nachschauen wollte, was das gewesen sein konnte. Jonas drückte ihm die Granate in die Hand und schloss die Tür wieder, so daß die vier Wachen und drei Ärzte im Aufenthaltsraum auf einen Schlag betäubt wurden. Im gleichen Augenblick kam ein weiterer Arbeiter aus seinem Zimmer und wurde von Kont postwendend ebenfalls mit dem Blaster auf Betäubung getroffen, so daß er in seine Kammer zurücktaumelte. Dann wurden die restlichen Besatzungsmitglieder in ihren Betten betäubt, so daß man nun freie Bahn hatte.
PeeKay hatte die Sprengung der Tür vorbereitet und gewartet, bis der Rest wieder bei ihm war. Alle machten sich bereit und legten an. PeeKay drückte den Auslöser und die Tür wurde aus den Angeln gefetzt und in den Raum hineingeschleudert. Der Kontrollraum füllte sich in Sekundenschnelle mit Rauch von der Explosion und Su ballerte mit ihrem Blaster großzügig in den Rauch, um sicherzugehen, daß dort niemand mehr stehen und sie angreifen konnte.
Daß diese Aktion unnötig gewesen war, bemerkte die Gruppe sofort, als sie den Raum betrat, denn dort hatte lediglich der Oberaufseher residiert, der aber tot unter der gesprengten Tür lag. Offenbar war er gerade auf dem Weg zur Tür gewesen, als die Explosion ihn voll erwischt und durch Schrapnell sofort getötet hatte, noch bevor die Türreste auf ihn gefallen waren.
Auf seinem Schreibtisch lag ein Datenpad, auf dem er wohl gerade dabei gewesen war, ein Diktat aufzunehmen. Sylvia las, was dort stand, und ihr gefror das Blut in den Adern. Der verstorbene Oberaufseher philosophierte darin über die Eigenschaften seines Schläfer-Implantats, für das er Reena als perfektes Versuchsobjekt sah. Anscheinend war ihr das Gerät bereits eingesetzt worden und würde bei keinem Scan als Fremdkörper erkannt werden können, wodurch das Imperium Zugang zum innersten Zirkel der Kriegsführung erlangen konnte. Außerdem schwärmte er über die Möglichkeit, die gesamte Führungsriege auf einen Schlag auslöschen zu können. Gleichzeitig beschrieb er, wie man Reena ein zweites, offensichtliches Implantat in ihrem Bein verpasst hatte, wo es für die primitiven Scanner zwischen dem ganzen stützenden Metall ihres zertrümmerten Beins nicht sofort auffallen würde, so daß man glauben würde, damit alles entfernt zu haben.
PeeKay war inzwischen zur Zelle von Reena nach unten gerannt und beschwerte sich, daß diese immer noch nicht offen wäre. Also schauten sich die anderen im Büro und Wohnraum des imperialen Folterknechts um. Sie bemerkten eine beschädigte Konsole in einer Ecke, die einen Selbstzerstörungscountdown herunterzählte, der wohl durch Su’s Ballerei ausgelöst worden war. Schnell wurde Kont gerufen, doch dieser konnte nur feststellen, daß die Selbstzerstörung nicht von hier, sondern maximal vom Reaktorkern in der untersten Ebene aus verhindert werden konnte – wenn der Oberaufseher seinen Sicherheitscode manuell dort eingeben würde. Da dies nicht mehr möglich war, setzten Sylvia und Jonas alles auf eine Karte und öffneten alle Zellen auf einmal, während die freundliche Stimme des Bordcomputers den Countdown herunterbetete.
Doch damit hatten sie auch Chaos ausgelöst, denn die meisten Insassen waren wohl Zivilisten von Neu Alderaan gewesen, die sich nicht an Bord auskannten und um Hilfe riefen. Also rief Sylvia, daß alle nach ganz unten gehen sollten, wo man sie dann mit dem Aufzug abholen konnte.
Inzwischen hatte sich auch Reena’s Zelle geöffnet und PeeKay hatte damit angefangen, sie loszumachen. Su nahm die bewusstlose Reena dann auf den Arm und zusammen ging es im Aufzug hinunter zum Hangar, während Sylvia sich einen der Ärzte schnappte, um ihn später verhören zu können. Damit fuhr sie zur untersten Zellenebene und brachte Ordnung in das Chaos, indem sie sich als Sergeant Aurelia Porter von der RANA zu erkennen gab. Das schien die Zivilisten zu beruhigen und ein paar weitere Piloten, die ebenfalls eingesperrt gewesen waren, meldeten sich, um sie zu unterstützen. Es handelte sich um Lieutenant Gindin von der republikanischen Sunburn Squadron und zwei seiner Staffelkameraden.
Einer von ihnen kam mit der ersten Ladung Zivilisten im Aufzug herunter und machte das Shuttle startklar, wohin auch die anderen Gefangenen gelenkt wurden. PeeKay hatte bereits die Sprengladung entfernt, so daß das Gefährt als Fluchtschiff genutzt werden konnte. Sylvia lud den bewusstlosen Arzt an Bord der „Red Crane“ ab, und als Lt. Gindin als Letzter aus dem Aufzug kam und Daumen nach oben zeigte, hoben Su und Jonas ab. Das Shuttle folgte direkt, sobald sich die Rampe hinter dem Jägerpiloten geschlossen hatte, und beide Schiffe konnten noch genügend Abstand gewinnen, daß sie das Feuerwerk des explodierenden Asteroiden gefahrlos betrachten konnten.
Die Besatzungen verständigten sich, daß sie einen Kurs, den Su berechnet hatte, zur Grenze des RANA-Gebiets und dann weiter nach Kintoran II nehmen würden, bevor man sich auf den Weg machte.
Kaum war man in der scheinbaren Sicherheit des Hyperraums, als eine wilde Diskussion an Bord der „Red Crane“ losbrach. Nach der Lektüre des Datenpads, das Sylvia eingesteckt hatte, war die Hälfte der Crew der Meinung, man dürfe Reena nicht in die Nähe von Kintoran II oder einer der hochrangigen Personen des Militärbündnisses bringen, da sie sonst explodieren würde. Ein anderer Teil argumentierte dagegen, daß sie vermutlich nur eine Killermaschine wäre, aber nicht selbst explodieren würde. Einig war man sich, daß eine Rückkehr nach Kintoran II unter diesen Umständen fragwürdig und höchst riskant war.
Also wollte man Reena erstmal untersuchen, doch weder Su, noch Jonas trauten sich in die Nähe, weil sie nicht explodieren wollten, wenn diese Theorie stimmen sollte, daher blieben sie im Cockpit. PeeKay schaute nach, ob die Rettungskapseln funktionsfähig waren, damit man bei einer Explosion möglichst schnell vom Schiff wegkäme. Nur Kont und Sylvia trauten sich näher heran und untersuchten Reena mithilfe des Medidroiden und mehrerer Scanner.
Kont stellte fest, daß Reena’s rechtes Bein ein Kunstwerk aus Metallstangen, -platten und –schrauben war, da ihre Knochen in einem Maße zertrümmert gewesen sein mußten, daß man ein 3D-Puzzle daraus hätte erstellen können. Zwischen zwei Metallplatten in ihrem Oberschenkel fand er auch das in dem Datenpad erwähnte Scheinimplantat, welches ein klein wenig Sprengstoff enthielt – gerade genug, um das Implantat und somit jeden Beweis zu zerstören. Doch andere körperfremde Stoffe fand er nicht.
Su vermutete Naniten für das zweite Implantat, und beim Gedanken daran lief es Jonas eiskalt den Rücken hinunter, denn damit hatte die Starlight Squadron auch bereits Bekanntschaft gemacht. Also kalibrierte Kont nach Jonas‘ Angaben die Scanner, doch es wurden keine Naniten gefunden.
Sylvia schaute nach dem mitgenommenen Arzt, doch dieser hatte wohl eine Selbstmordkapsel genommen, denn sein Kopf war nur noch eine Lache aus übelriechendem Schleim.
Also suchten Sylvia und Kont weiter nach verdächtigen Dingen in Reena’s Körper, doch sie konnten auch keine ungewöhnlichen Wucherungen entdecken, sondern lediglich eine Menge Narbengewebe von ihrem Abschuß und den dadurch zugezogenen Verletzungen.
Am vereinbarten Treffpunkt außerhalb des RANA-Gebiets kamen die „Red Crane“ und das Shuttle mit den befreiten Gefangenen aus dem Hyperraum. Man schickte das Shuttle voraus nach Kintoran II, dessen Koordinaten den Piloten der Sunburn Squadron bekannt waren, so daß man sich sicher sein konnte, daß die Insassen auch wohlbehalten ankommen würden.
Dann wurde diskutiert, wen man über Reena und ihren vermutlichen Zustand informieren sollte. Während Su sich nicht einig war, plädierte Jonas für das republikanische Oberkommando, während Kont und PeeKay der Meinung waren, daß dies Sache ihres Auftraggebers war und geteilte Loyalität nicht zur Diskussion stand. Sylvia hatte im Geheimen bereits einen Bericht für das RANA-Oberkommando verfasst und abgeschickt, so daß ihr die Diskussion relativ egal war.
Also schickte Jonas eine Nachricht an ihren Auftraggeber und bat um Rückmeldung aufgrund komplizierter Umstände. Keine fünf Minuten später kam der Anruf von Jaaron Arrowwind, der zwar erfreut war, daß „The Rock“ vernichtet und seine Schwester gerettet war, doch schien er sichtlich zu erblassen, als man ihm die schlechten Nachrichten mitteilte. Er stimmte zu, daß es unter diesen Umständen schlecht wäre, wenn Reena nach Kintoran II gebracht werden würde, und gab Raumkoordinaten auf dem Weg an, wo man sich treffen würde.
Zwei Stunden später erreichte die „Red Crane“ den Rendez-vous-Punkt kurz vor einem YT-2400, der die Bezeichnung „Liberty of Lengnaar“ führte. Die Schiffe dockten an und Jaaron erschien mit wehendem Cape in der Luftschleuse. Su führte ihn persönlich zur Krankenstation, wo die immer noch sedierte Reena lag.
Zärtlich strich Jaaron seiner Schwester über die Haare und entschuldigte sich dafür, daß er nicht für sie dagewesen war. Er versprach ihr, sie endlich nach Hause zu bringen und nahm sie von der Untersuchungsliege auf die Arme. Su wollte sich ihm in den Weg stellen, doch er machte unmißverständlich klar, daß der Auftrag erledigt wäre und es nicht mehr ihr Problem war.
Kurz nachdem Jaaron mit seiner Schwester auf sein Schiff zurückgekehrt war, kam ein Page mit dem Wappen des Hauses Arrowwind auf dem Gewand durch die Schleuse und trug ein hölzernes Kästchen in Händen. Alle versammelten sich im Gemeinschaftsraum, wo der Page verkündete, daß sein Herr sehr zufrieden wäre, daß man seine Schwester gerettet und die imperiale Einrichtung zerstört hatte. Daher ließ er seinen Dank wie vereinbart in Credits bekunden, und mit diesen Worten reichte der Page jedem der Söldner einen Credstick mit 7.000 Credits.
Su gab ihren Stick zurück, da sie wohl ahnte, daß Reena eine teure medizinische Tortur bevorstand, so daß Jaaron die Credits dafür sicher besser investieren konnte. Die anderen bedankten sich für den unerwarteten Zuschlag und PeeKay verkündete, daß dies genug war, um seine „Verbrauchsmaterialien“ zu ersetzen, weshalb er keine weitere Abrechnung machen würde. Auch Kont schien sehr begeistert und gab dem Pagen noch einen Datenstick für seinen Herrn mit, auf dem der Jawa alle Daten über Reena gesammelt hatte.
Nach der nochmaligen Warnung der Crew, Reena von allen wichtigen Amtsträgern fernzuhalten, verabschiedete sich der Page mit einer tiefen Verbeugung, bevor er auf sein Schiff zurückkehrte. Dieses dockte zügig ab und sprang in den Hyperraum.
Zurück auf Kintoran II verabschiedeten sich Kont und PeeKay von den anderen und zogen gemeinsam weiter, was in ihrem Fall erstmal eine Cantinatour durch die Stugeder Innenstadt bedeutete, wo der Ugnaught seinem Jawakumpel auch verriet, woher er seinen Spitznamen erhalten hatte.
Auch Jonas verabschiedete sich von Su, von der er nach dieser Mission einen wesentlich besseren Eindruck hatte als zuvor. Das ging sogar so weit, daß er sie um ein Autogramm für seinen Sohn bat, was ihm die berühmte Pilotin gerne ausstellte. Im Gegenzug bat Su darum, Kontakt mit General Shore herstellen zu dürfen, was Jonas versprach, in die Wege zu leiten.
Auch Sylvia verabschiedete sich und stellte in Aussicht, daß sie jemanden vorbeischicken würde, um „den Müll“ zu entsorgen. Erst da fiel Su ein, daß noch die halbzersetzte Leiche des Gefängnischirurgen in ihrem Laderaum lag. An die beiden gefesselten und geknebelten Arbeiter in ihrer Dusche dachte sie ebenfalls nicht mehr, doch der „Entsorgungstrupp“ hatte sie wohl auf dem Schirm und nahm sie ebenfalls mit.
Eine Stunde nach Landung hatte Sergeant Aurelia Porter – nun wieder in ihrer Uniform – ihren Termin für das Missionsdebriefing im War Room. Supreme Captain Kiera Sarkon und Colonel Thaena Randu empfingen sie und ließen sich die Details berichten, die nicht in der schriftlichen Zusammenfassung gestanden hatten. Leider mußte Aurelia das Ableben des Gefängnisarztes berichten, sowie die Tatsache, daß sie keine weiteren Details über die mysteriöse Informationsquelle von Jaaron Arrowwind hatte herausfinden können. Die beiden erhaltenen Credsticks gab sie ab mit der Bitte, daß das Geld den Flüchtlingen und Opfern von Neu Alderaan zugutekommen möge. Die beiden kommandierenden Offiziere bedankten sich für den Einsatz und Captain Sarkon merkte an, daß Aurelia ihrem Volk einen großen Dienst erwiesen hätte. Dann war die Soldatin fertig, durfte ihre missionsspezifische Ausrüstung zurückgeben und sich in ihr Quartier auf der Basis zurückziehen.
Zwei Stunden nach der Landung war der Debriefing-Termin für Jonas angesetzt, am gleichen Ort und in gleicher Konstellation. Auch bei ihm bedankten sich die Kommandantinnen, daß er mitgeholfen hatte, 20 Zivilisten von Neu Alderaan, drei Piloten der Sunburn Squadron und den verschollenen Zeitungsreporter von der Ferrotrade-Station zu befreien. Was das Schicksal von Reena Arrowwind anging, die von ihrem Bruder mitgenommen worden war, gab Thaena eine recht düstere Prognose ab. Ohne eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung, die mangels lokalisierbarem Implantat niemand ausstellen konnte, war ihre Karriere in der Raumflotte und generell in der Neuen Republik somit faktisch beendet. Nach Prüfung durch ein Gremium würde man ihr sämtliche Privilegien entziehen und sie aus dem aktiven Militärdienst suspendieren müssen, um mögliche Informationslecks oder Attentatsversuche zu verhindern.
Jonas nickte verständnisvoll, auch wenn es in seinem Inneren ganz anders aussah, aber unter diesen Umständen war seine ehemalige Staffelführerin ein zu großes Risiko für die Republik – und für ihn.
Auch Jonas gab seine Credsticks aus dem Auftrag ab, damit etwas Sinnvolles damit getan werden konnte. Captain Sarkon und Thaena bedankten sich bei ihm ebenfalls für seinen Einsatz und den Dienst, den er dem Militärbündnis erwiesen hatte. Thaena schickte den Piloten dann zur Erholung und versprach, sich zu melden, sobald es weitere Neuigkeiten zu berichten gäbe.
Su war auf ihrem Schiff, als ein Anruf von General Shore einging. Der Offizier bedankte sich für die erfolgreiche Durchführung der Mission, doch Su widersprach ihm, da sie das Ergebnis nicht als Erfolg wertete. Schweren Herzens mußte der General zugeben, daß dies die am wenigsten wünschenswerte Variante aller möglichen Ausgänge der Mission gewesen sei und man keine Wahl hätte, als alle Zugänge und Privilegien von Major Reena Arrowwind auf unbegrenzte Zeit aufzuheben.
General Shore stellte allerdings auch in Aussicht, daß es im Verlauf des Krieges mit dem Imperium weitere Missionen geben würde, für die man die unermüdliche und kompetente Unterstützung von Su benötigen würde. Die Pilotin fühlte sich geschmeichelt und verkündete, daß er ja ihre Nummer hätte, wenn wieder Bedarf bestehen würde.
Fortsetzung folgt.
©2023 by Klaus Zepf
Mit großem Dank an meine Mitspieler!